Stuttgarter Zeitung sonstige Kreis-Seiten 29.12.1998



Das abgebrannte Keltenhaus wird wieder aufgebaut

Arbeiten am Hochdorfer Freilichtmuseum gehen trotz Rückschlags weiter- Der Brandstifter ist noch nicht ermittelt

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EBERDINGEN-HOCHDORF. Einen Monat nach der Zerstörung des Keltenhauses in Hochdorf (Kreis Ludwigsburg) ist der Brandstifter noch nicht ermittelt. Der Wiederaufbau ist jedoch beschlossene Sache.

Von Dieter Kapff

"Der Schock sitzt tief'', beschreibt Eberdingens Bürgermeister Rolf Fetzer die Gemütslage im Ort. Das ganze Dorf ist betroffen. Nach anfänglicher Zurückhaltung, ja Ablehnung einzelner war die Skepsis gegenüber dem Vorhaben, neben dem Keltenmuseum am originalen Standort ein keltisches Gehöft zu errichten, mit wachsendem Baufortschritt lebhafter Zustimmung gewichen. Das wuchtige, 140 Quadratmeter große strohgedeckte keltische Bauernhaus, das den Kern des neuen Freilichtmuseums bilden soll, hatte zuletzt alle überzeugt und beeindruckt.
Am Tag bevor die polnischen Handwerker am Dach letzte Hand anlegen wollten und das Bauwerk ganz winterfest gewesen wäre, hat ein Feuerteufel in den frühen Morgenstunden des ersten Advents einen Brand gelegt. Das Keltenhaus wurde ein Raub der Flammen. Die Hitzeentwicklung war dabei so groß gewesen, daß auch der Baukran daneben in Mitleidenschaft gezogen wurde. Eine Aluminiumleiter zerschmolz zu unregelmäßigen Flarren - wie wenn einer Silberpapier auf den Boden gelegt hätte.
Vom Brandstifter fehlt noch jede Spur. Daß es sich um Brandstiftung handelt, ist jedoch sicher. Irgend jemand hat offenbar Spaß daran, wenn es brennt. Im Juli war es eine Scheuer am Ortsrand, in der alte landwirtschaftliche Geräte aufgestellt waren, ein andermal ein Schweinestall am entgegengesetzten Ende des Dorfs. Von "drei bis vier Fällen von Brandstiftung'' weiß Bürgermeister Fetzer zu berichten, die nur deshalb nicht zum großen Schadfeuer wurden, weil die Brände rechtzeitig entdeckt wurden.
In Eberdingen-Hochdorf will man trotz des herben Rückschlags an dem Projekt festhalten. Einstimmig hat der Gemeinderat beschlossen, das Keltenhaus wieder aufzubauen. Zum Glück war der Nachbau versichert, so hat die Gemeinde nicht den ganzen Schaden zu tragen. "Die tatsächlichen Aufbaukosten'', die Fetzer auf 200.000 bis 250.000 Mark schätzt, wird die Versicherung übernehmen.
Mehrkosten entstehen allerdings durch höhere Aufwendungen für Sicherheitsmaßnahmen. Ein hoher Zaun soll schon vor dem Neuaufbau errichtet, Bewegungsmelder und eine Alarmanlage sollen installiert werden. Im Frühjahr will die Gemeinde eine Spendenkampagne für das Freilichtmuseum starten.

"Leider wird das Haus bis zu unserem großen Keltenfest im Sommer nicht fertig sein'', bedauert der Bürgermeister. Zwar ist mit dem Einschlag von Bauholz, 70 Festmeter Eiche, begonnen worden und die spezialisierten polnischen Handwerker haben zugesagt, wieder helfen zu wollen, wenn sie eine Arbeitserlaubnis für Deutschland erhalten. Doch kann vor dem Herbst das Langstroh für das Dach nicht beschafft werden.
Weitergehen wird die Arbeit, wenn auch mit reduzierter Mannschaft, am Bau des Grubenhauses und des kleinen Hochspeichers. Allerdings, auch hierfür fehlt das Stroh zum Decken des Dachs. Denn die zweite Lieferung von Stroh, die 14 Tage vor dem Brand aus Polen angekommen und im keltischen Bauernhaus gelagert worden war, ist natürlich mitverbrannt. Nun wird überlegt, ob man die kleinen Gebäude mit Holzschindeln decken will, damit sie bis zum Keltenfest fertig und wetterfest sind. Diese Art der Dachdeckung ist in der Schweiz für die prähistorische Zeit nachgewiesen.
Bis mit dem Wiederaufbau begonnen werden kann, soll die schaurigschöne Brandruine'' stehenbleiben. Schwarz hebt sich das imposante Bauwerk gegen den Himmel ab und ist, so beobachtet der Museumsleiter Tiberius Bader, ein Besichtigungsziel nicht nur für die Einheimischen, sondern auch eine Attraktion für Besucher von weiter weg. Um für sie die Anfahrt noch lohnender zu machen, ist das benachbarte Keltenmuseum auch über den Winter dienstags bis sonntags geöffnet.

Zu sehen ist außer dem Keltenfürsten von Hochdorf, seinen Grabbeigaben und einem detailreichen Bild seiner Lebensumwelt vor 2500 Jahren die Sonderausstellung "Schätze aus der Keltenzeit in Ungarn'', die noch nie gezeigte Funde präsentiert.

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