StZ Stuttgart 06.05.1998

 

Geldmangel und schwierige Planung

Stiftskirche wird erst nach Kirchentag 1999 renoviert

Baubeginn um fast ein Jahr verschoben - Dem Bauherrn fehlen noch sieben Millionen Mark - Pfarrer befürchtet eine Blamage / Von Christoph Link

Noch im März hatte der scheidende Stadtdekan Martin Klumpp seine Haltung bekräftigt, das Bauvorhaben vor dem 28. Deutschen Evangelischen Kirchentag im Juni 1999 in Stuttgart durchzuziehen. Den 125.000 Kirchentagsbesuchern sollte eine unfertige, jedoch teilrenovierte Stiftskirche präsentiert werden. Der Baustellencharakter, so hieß es, habe für die meist jungen Besucher seinen Reiz: Papphocker am Boden, aber eine neue Decke mit guter Akustik, das war die Wunschvorstellung für den Kirchentag. Wenige Wochen nach dem Wechsel Dekan Klumpps ins Amt des Regionalprälaten rückte der Bauausschuß der Gesamtkirchengemeinde von der Linie ab: Einstimmig hat er beschlossen, mit den Renovierungsarbeiten erst nach dem Kirchentag zu beginnen.

Bei einer Pressekonferenz führte die Kirchenleitung gestern zwei Gründe für die Verschiebung der Renovierung um fast ein Jahr an: Geldmangel und Zeitverlust. Die Abstimmungsprozesse mit dem Landesdenkmalamt hätten zuviel Zeit gekostet, sagte Wolfgang Everts, der Vorsitzende des Bauausschusses. Wenn nun im Spätsommer mit dem Bau begonnen werde, sei das Risiko groß, daß beim Kirchentag die Stiftskirche mit Gerüsten vollgestellt und unbenutzbar sei. ¸¸Wir können unsere Kirchentagsbesucher nicht in einer Bauruine empfangen, das wäre eine Blamage für die Landeshauptstadt'', sagte Stiftskirchenpfarrer Manfred Bittighofer.

¸¸Theoretisch hätten wir nach der Erteilung der ersten Baugenehmigung im Frühjahr mit dem Bau beginnen können'', sagte Kirchenpfleger Otto Specht, aber man habe noch ¸¸keine Kostensicherheit'' gehabt. Und die besteht immer noch nicht. Laut Specht belaufen sich die Kosten der Modernisierung samt unterirdischen Gemeinderäumen und neuer Orgel auf 19 Millionen Mark. Ein Großteil ist durch Rücklagen und kirchliche Zuschüsse gedeckt. Es fehlen noch Kostenzusagen der Stadt Stuttgart und des Landes Baden-Württemberg für freiwillige Zuschüsse in Höhe von insgesamt 3,5 Millionen Mark. Und es fehlen Spenden: Statt der veranschlagten vier Millionen Mark Spenden sind erst 500.000 Mark gesammelt worden, davon 150.000 Mark vom Orgelbauverein. Insgesamt fehlen also sieben Millionen Mark. Der Architekt Bernhard Hirche erläuterte dennoch seine Umbaupläne, mit denen eine bessere Akustik und eine moderne Raumwirkung in die Stiftskirche gebracht werden soll. Neu an der Planung ist, daß auf dem südlichen Vorplatz der Kirche eine Kastanie gefällt werden soll, um Platz für eine Glaspyramide zu schaffen. Sie soll den unterirdischen Nebenräumen Tageslicht bringen. Medienpfarrer Helmut Liebs kritisierte, daß zwei Fotos einer Ausstellung in der Stiftskirche von militanten Befürwortern eines gotischen Wiederaufbaus zerstört wurden. (...)