Streitfall Rebmannhaus: Wie viel Denkmalschutz ist
zumutbar?Mannheimer Verwaltungsgerichtshof weist Berufung zurück -
Rechte der Eigentümer werden aufgewertet
Gerlingen - Der jahrelange Streit um Abriss oder Renovierung des
Rebmannhauses droht zu einem Musterbeispiel für die Stellung des
Denkmalschutzes im Land zu werden - mit einer klaren Aufwertung der Rechte der
Eigentümer. Mit dem Gang vor den Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim
scheinen die Denkmalschützer ein Eigentor geschossen zu haben.
VON SASCHA SCHMIERER
Seit über drei Jahren wird um das 400 Jahre alte Geburtshaus
des Missionars und Afrikaforschers Johannes Rebmann im Gerlinger Ortskern
gestritten. Denn das Landesdenkmalamt legte gegen den geplanten Abriss des
Wengerterhauses sein Veto ein. Zuvor hatten die Gerlinger Gemeinderäte den
Erhalt des Geburtshauses des berühmtesten Sohnes der Stadt als finanziell
nicht zumutbar bezeichnet - das Baurechtsamt auf Geheiß des
Regierungspräsidiums den Abriss allerdings gestoppt. Der damalige
Eigentümer gab daraufhin das Haus dankend wieder zurück - und
Vorbesitzerin Uta Grob klagte vor dem Stuttgarter Verwaltungsgericht gegen die
Entscheidung.
Mit Erfolg: Die Stuttgarter Richter hoben im September vergangenen
Jahres das Nein der Stadt zum Abbruch wieder auf - und forderten Gerlingen
zugleich auf, im Licht einer besseren Berechnung der Wirtschaftlichkeit
über die Zukunft des Hauses neu zu entscheiden. Das Argument der Richter:
Mit rund 750000 Mark Kosten werde die Sanierung des Hauses mindestens 20
Prozent mehr Geld verschlingen als ein Neubau. Das sei der Besitzerin nicht
zumutbar.
Gegen das Stuttgarter Urteil allerdings ging das Land in Berufung:
Zum einen empfand das Regierungspräsidium bei einigen Aussagen der Richter
noch Klärungsbedarf. Zum anderen erhoffte sich das Land vom Mannheimer
Verwaltungsgerichtshof am Beispiel des Rebmannhauses ein Grundsatzurteil zur
Stellung des Denkmalschutzes. Die Mannheimer Richter sollten klären, wie
viel Denkmalschutz den Eigentümern zumutbar ist. Konkret: Ist es
zulässig, einen wegen der Auflagen erteilten Nachlass beim Kaufpreis mit
den zu erwartenden Sanierungskosten zu verrechnen? Dürfen
Sonderabschreibungen und Steuernachlässe einkalkuliert werden? Und: Muss
das Land eine Bürgschaft für von privater Seite zugesagte
Fördermittel übernehmen?
Der Verwaltungsgerichtshof - so der Tenor des gestrigen Urteils -
gab der Eigentümerin in allen drei Punkten Recht. Die Berufung des Landes
wurde eindeutig zurückgewiesen, das Stuttgarter Urteil bestätigt. Das
Land, schrieb der Erste Senat den Denkmalschützern ins Stammbuch,
müsse erstens eine Bürgschaft für die rund 165000 Mark
übernehmen, die Denkmalstiftung, Heimatpflegeverein und der Freundeskreis
Rebmannhaus an Spendengeldern eingesammelt haben. Zweitens dürfe die
Steuerersparnis nicht im vorgesehenen Umfang eingerechnet, sondern müssen
der jeweiligen Vermögenssituation angepasst werden. Und drittens
müssen Sanierungskosten komplett berücksichtigt werden und
dürfen nicht mit Nachlässen verrechnet werden.
Die Konsequenz aus dem Urteil: Um das Rebmannhaus vor der
Abrissbirne zu retten, müssen noch knapp 130000 Mark aufgetrieben werden -
von wem auch immer. Erst dann ist die Sanierung zumutbar. Prinzipiell macht das
Urteil die Entscheidung schwieriger, Eigentümer zum Erhalt ihrer
Gebäude zu zwingen. Ex-Regierungspräsident Manfred Bulling, der das
Land in dem Rechtsstreit als juristischer Beistand vertritt, hat nach eigenen
Angaben mit diesem Ausgang gerechnet: ¸¸Es gibt schon genügend
Grundsatzurteile zu diesem Thema.'' |