Stuttgarter
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Region Stuttgart 12.11.1999



Streitfall Rebmannhaus: Wie viel Denkmalschutz ist zumutbar?

Mannheimer Verwaltungsgerichtshof weist Berufung zurück - Rechte der Eigentümer werden aufgewertet

Gerlingen - Der jahrelange Streit um Abriss oder Renovierung des Rebmannhauses droht zu einem Musterbeispiel für die Stellung des Denkmalschutzes im Land zu werden - mit einer klaren Aufwertung der Rechte der Eigentümer. Mit dem Gang vor den Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim scheinen die Denkmalschützer ein Eigentor geschossen zu haben.

VON SASCHA SCHMIERER

Seit über drei Jahren wird um das 400 Jahre alte Geburtshaus des Missionars und Afrikaforschers Johannes Rebmann im Gerlinger Ortskern gestritten. Denn das Landesdenkmalamt legte gegen den geplanten Abriss des Wengerterhauses sein Veto ein. Zuvor hatten die Gerlinger Gemeinderäte den Erhalt des Geburtshauses des berühmtesten Sohnes der Stadt als finanziell nicht zumutbar bezeichnet - das Baurechtsamt auf Geheiß des Regierungspräsidiums den Abriss allerdings gestoppt. Der damalige Eigentümer gab daraufhin das Haus dankend wieder zurück - und Vorbesitzerin Uta Grob klagte vor dem Stuttgarter Verwaltungsgericht gegen die Entscheidung.

Mit Erfolg: Die Stuttgarter Richter hoben im September vergangenen Jahres das Nein der Stadt zum Abbruch wieder auf - und forderten Gerlingen zugleich auf, im Licht einer besseren Berechnung der Wirtschaftlichkeit über die Zukunft des Hauses neu zu entscheiden. Das Argument der Richter: Mit rund 750000 Mark Kosten werde die Sanierung des Hauses mindestens 20 Prozent mehr Geld verschlingen als ein Neubau. Das sei der Besitzerin nicht zumutbar.

Gegen das Stuttgarter Urteil allerdings ging das Land in Berufung: Zum einen empfand das Regierungspräsidium bei einigen Aussagen der Richter noch Klärungsbedarf. Zum anderen erhoffte sich das Land vom Mannheimer Verwaltungsgerichtshof am Beispiel des Rebmannhauses ein Grundsatzurteil zur Stellung des Denkmalschutzes. Die Mannheimer Richter sollten klären, wie viel Denkmalschutz den Eigentümern zumutbar ist. Konkret: Ist es zulässig, einen wegen der Auflagen erteilten Nachlass beim Kaufpreis mit den zu erwartenden Sanierungskosten zu verrechnen? Dürfen Sonderabschreibungen und Steuernachlässe einkalkuliert werden? Und: Muss das Land eine Bürgschaft für von privater Seite zugesagte Fördermittel übernehmen?

Der Verwaltungsgerichtshof - so der Tenor des gestrigen Urteils - gab der Eigentümerin in allen drei Punkten Recht. Die Berufung des Landes wurde eindeutig zurückgewiesen, das Stuttgarter Urteil bestätigt. Das Land, schrieb der Erste Senat den Denkmalschützern ins Stammbuch, müsse erstens eine Bürgschaft für die rund 165000 Mark übernehmen, die Denkmalstiftung, Heimatpflegeverein und der Freundeskreis Rebmannhaus an Spendengeldern eingesammelt haben. Zweitens dürfe die Steuerersparnis nicht im vorgesehenen Umfang eingerechnet, sondern müssen der jeweiligen Vermögenssituation angepasst werden. Und drittens müssen Sanierungskosten komplett berücksichtigt werden und dürfen nicht mit Nachlässen verrechnet werden.

Die Konsequenz aus dem Urteil: Um das Rebmannhaus vor der Abrissbirne zu retten, müssen noch knapp 130000 Mark aufgetrieben werden - von wem auch immer. Erst dann ist die Sanierung zumutbar. Prinzipiell macht das Urteil die Entscheidung schwieriger, Eigentümer zum Erhalt ihrer Gebäude zu zwingen. Ex-Regierungspräsident Manfred Bulling, der das Land in dem Rechtsstreit als juristischer Beistand vertritt, hat nach eigenen Angaben mit diesem Ausgang gerechnet: ¸¸Es gibt schon genügend Grundsatzurteile zu diesem Thema.''

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