Stuttgarter Zeitung Kreis Göppingen 7.1.1999



Steinaltar aus der Gotik wiederentdeckt

Krummwälder Jakobuskirche

EISLINGEN (Kreis Göppingen). Die Jakobuskirche im Eislinger Stadtteil Krummwälden besitzt gleich zwei Altäre. Doch das hat lange niemand geahnt - bis ein gotischer Steinaltar kürzlich bei einer Renovierung des Chorraums wiederentdeckt wurde.

Von Sabine Riker

Der Pfarrer Stefan Schacher erinnert sich noch gut an den Tag, an dem einer der Handwerker, die eine Stufe im Chorraum entfernen sollten, ihm erzählte: ¸¸Da isch was.'' Unverhofft hatte sich ein hölzerner Sockel, auf dem der Flügelaltar ruhte, als Verschalung entpuppt. Dahinter schlummerte mehr als ein Jahrhundert lang der alte Steinaltar. Daß der aus der Gotik stammen mußte, war dem Pfarrer auf den ersten Blick klar. ¸¸Der Altar besteht aus zwölf Sandsteinquadern, wie es im Alten Testament steht, und die Abschlußplatte ist aus Granit.'' Das Denkmalamt bestätigte diese Einschätzung und setzte noch eins drauf: der Altar gehört zu den wenigen gotischen im Land, die aufgemauert und noch gut erhalten sind.

Die Entdeckung des steinernen Kleinods brachte ein Problem mit sich. Was sollte aus dem wertvollen geschnitzten Flügelaltar werden, der um das Jahr 1515 im Oberschwäbischen entstanden ist und der seit mehr als hundert Jahren im Chorraum der schmucken kleinen Kirche in Krummwälden steht? Die Denkmalbehörde fällte ein salomonisches Urteil: beide Altäre sollen bleiben. Damit es genug Platz gibt, muß aber der Steinaltar nach vorne versetzt werden. Ein heikles Geschäft, befürchtet Pfarrer Schacher. ¸¸Den Originalmörtel wird man wohl nicht erhalten können.'' Die Steine aber müssen behutsam abgetragen, katalogisiert und neu aufgebaut werden. ¸¸So etwas kann natürlich nur ein Fachmann, wir sind schon in Verhandlungen mit einem Steinmetzen.'' Schacher hofft, daß die ganze Prozedur bis zum Jakobustag erledigt ist, der dieses Jahr auf den 25. Juli fällt. Dann soll der Altar erneut geweiht werden, zum dritten Mal.

Schon in den vierziger Jahren dieses Jahrhunderts scheint niemand mehr etwas von dem Steinaltar gewußt zu haben. Damals wurde ein Tabernakel in den Flügelaltar integriert, der dann auch geweiht wurde. Ein Reliquiengrab in der Granitplatte zeugt davon. Als nun der Sandsteinaltar aus der Gotik wieder zutage trat, entdeckte der Pfarrer in den alten Quadern ein zweites Reliquiengrab, in dem sich ein würfelförmiger Schrein aus Zinn oder Blei sowie ein ledernes Siegel befanden. Beides ist mittlerweile der Reliquiensammlung der Rottenburger Diözese übergeben. Schacher schätzt, daß Schrein und Siegel aus der Zeit um 1480 stammen, genauso wie der Steinaltar und die Kirche selbst, die an einem alten Pilgerweg nach Santiago de Compostela liegt, wo der heilige Jakobus begraben liegt.

Für eine Überraschung war die Jakobuskirche schon einmal gut. Vor 20 Jahren entdeckten Handwerker beim Renovieren wertvolle Fresken unter einem schlichten Verputz. Gemalt hat sie wohl um 1480 ein Künstler aus der Umgebung. Auf ihnen ist die Leidensgeschichte Christi dargestellt. Schacher bedauert, daß ein Teil der Fresken wieder hinter dem Flügelaltar verschwinden wird. Er hätte es lieber gesehen, wenn dieser im seitlichen Kirchenschiff aufgestellt worden wäre. ¸¸Doch damit'', so bedauert er, ¸¸konnten sich die Krummwäldener nicht anfreunden.''

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