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Steinaltar aus der Gotik
wiederentdeckt
Krummwälder Jakobuskirche EISLINGEN (Kreis Göppingen). Die
Jakobuskirche im Eislinger Stadtteil Krummwälden besitzt gleich zwei
Altäre. Doch das hat lange niemand geahnt - bis ein gotischer Steinaltar
kürzlich bei einer Renovierung des Chorraums wiederentdeckt wurde.
Von Sabine Riker
Der Pfarrer Stefan Schacher erinnert sich noch gut an den Tag, an dem einer
der Handwerker, die eine Stufe im Chorraum entfernen sollten, ihm
erzählte: ¸¸Da isch was.'' Unverhofft hatte sich ein
hölzerner Sockel, auf dem der Flügelaltar ruhte, als Verschalung
entpuppt. Dahinter schlummerte mehr als ein Jahrhundert lang der alte
Steinaltar. Daß der aus der Gotik stammen mußte, war dem Pfarrer
auf den ersten Blick klar. ¸¸Der Altar besteht aus zwölf
Sandsteinquadern, wie es im Alten Testament steht, und die Abschlußplatte
ist aus Granit.'' Das Denkmalamt bestätigte diese Einschätzung und
setzte noch eins drauf: der Altar gehört zu den wenigen gotischen im Land,
die aufgemauert und noch gut erhalten sind.
Die Entdeckung des steinernen Kleinods brachte ein Problem mit sich. Was
sollte aus dem wertvollen geschnitzten Flügelaltar werden, der um das Jahr
1515 im Oberschwäbischen entstanden ist und der seit mehr als hundert
Jahren im Chorraum der schmucken kleinen Kirche in Krummwälden steht? Die
Denkmalbehörde fällte ein salomonisches Urteil: beide Altäre
sollen bleiben. Damit es genug Platz gibt, muß aber der Steinaltar nach
vorne versetzt werden. Ein heikles Geschäft, befürchtet Pfarrer
Schacher. ¸¸Den Originalmörtel wird man wohl nicht erhalten
können.'' Die Steine aber müssen behutsam abgetragen, katalogisiert
und neu aufgebaut werden. ¸¸So etwas kann natürlich nur ein
Fachmann, wir sind schon in Verhandlungen mit einem Steinmetzen.'' Schacher
hofft, daß die ganze Prozedur bis zum Jakobustag erledigt ist, der dieses
Jahr auf den 25. Juli fällt. Dann soll der Altar erneut geweiht werden,
zum dritten Mal.
Schon in den vierziger Jahren dieses Jahrhunderts scheint niemand mehr
etwas von dem Steinaltar gewußt zu haben. Damals wurde ein Tabernakel in
den Flügelaltar integriert, der dann auch geweiht wurde. Ein Reliquiengrab
in der Granitplatte zeugt davon. Als nun der Sandsteinaltar aus der Gotik
wieder zutage trat, entdeckte der Pfarrer in den alten Quadern ein zweites
Reliquiengrab, in dem sich ein würfelförmiger Schrein aus Zinn oder
Blei sowie ein ledernes Siegel befanden. Beides ist mittlerweile der
Reliquiensammlung der Rottenburger Diözese übergeben. Schacher
schätzt, daß Schrein und Siegel aus der Zeit um 1480 stammen,
genauso wie der Steinaltar und die Kirche selbst, die an einem alten Pilgerweg
nach Santiago de Compostela liegt, wo der heilige Jakobus begraben liegt.
Für eine Überraschung war die Jakobuskirche schon einmal gut. Vor
20 Jahren entdeckten Handwerker beim Renovieren wertvolle Fresken unter einem
schlichten Verputz. Gemalt hat sie wohl um 1480 ein Künstler aus der
Umgebung. Auf ihnen ist die Leidensgeschichte Christi dargestellt. Schacher
bedauert, daß ein Teil der Fresken wieder hinter dem Flügelaltar
verschwinden wird. Er hätte es lieber gesehen, wenn dieser im seitlichen
Kirchenschiff aufgestellt worden wäre. ¸¸Doch damit'', so
bedauert er, ¸¸konnten sich die Krummwäldener nicht
anfreunden.''
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