Stuttgarter Zeitung Südwestdeutsche Zeitung 12.1.1999



Alte Villa darf abgerissen werden

Regierungspräsidium Stuttgart verzichtet auf ein Kulturdenkmal in Heidenheim

HEIDENHEIM. Der Heidenheimer Papierfabrikant Heinrich Voelter gilt als Miterfinder moderner Papierherstellung und damit auch als Ahnherr des Papiermaschinenherstellers Voith. Seine Villa ist ein Kulturdenkmal. Trotzdem darf sie abgebrochen werden.

Von Annegert Bock

Auf Antrag der Stadt Heidenheim hat das Regierungspräsidium Stuttgart seine Zustimmung zum Abbruch der Gebäude Voelter-Straße 14 und 14/1 in Heidenheim erteilt. Es handelt sich dabei um Villa und Remise von Heinrich Voelter, der als angesehener Heidenheimer Bürger von 1856 bis 1861 auch Mitglied des Parlaments in Stuttgart war.

Voelter ist die Fortentwicklung einer bahnbrechenden Erfindung zu danken, nämlich die Herstellung von Papier aus Holz. Seine einst herrschaftliche Villa hat seit den sechziger Jahren dieses Jahrhunderts bereits viel von ihrem Glanz verloren. Sie trägt heute den Namen ¸¸Villa Taubenschlag'' und dient als Jugendhaus der Stadt Heidenheim. Die Villa soll weichen, damit ein Investor das Grundstück, das den Namen des Archäologen Kurt Bittel trägt, kaufen und bebauen kann. Damit soll der nördlichen Fußgängerzone der Stadt ein städtebaulicher Akzent verliehen werden.

¸¸Ohne Abriß der Villa war einfach kein Investor zu finden'', berichtet Wolfgang Heinecker, der Sprecher der Stadt. In der Mitteilung des Regierungspräsidums ist von ¸¸hochrangigen städtebaulichen Gesichtspunkten'' die Rede. Das Bittelsche Grundstück gehöre zu den wertvollsten Flächen in der Kernstadt. Deshalb entschied das Regierungspräsidium, daß das Erhaltungsinteresse an dem Kulturdenkmal nicht höher als das Interesse der Stadt an einer Neubebauung des gesamten Areals zu werten sei.

Letzthin geht es auch darum, mehr zahlendes Publikum in den nördlichen Teil der Stadt zu bringen. Der Bestand eines bereits existierenden Kaufhauses wäre sonst gefährdet, erklärt Heinecker. Von den Jugendlichen seien keine Proteste zu erwarten. Sie hätten bereits Alternativen erarbeitet. Ein ehemaliger Lokschuppen, der ebenfalls unter Denkmalschutz steht, soll zum neuen Jugendhaus werden. Um das zu finanzieren, müßte aber die Villa Taubenschlag verkauft werden. Für die Landesgartenschau im Jahr 2006 ist der Rundtausch schon fest eingeplant, der aufgemöbelte Jugend-Lok-Schuppen soll dann zum Eingang für die Blumenschau werden.

Urspünglich wollte die Stadt Heidenheim die ihr gehörende Villa Voelter, die nach Paragraph 2 des Denkmalschutzgesetzes aus ¸¸wissenschaftlichen, künstlerischen und heimatgeschichtlichen Gründen'' als Kulturdenkmal eingestuft wurde, durchaus erhalten. Gedacht war daran, das Gemeindehaus der benachbarten katholischen Kirche St.Maria in der ehemaligen Industriellen-Villa unterzubringen. Zur Finanzierung hätte die Kirche ein ihr gehörendes Hotel verkaufen müssen, den Ottilienhof, berichtet Heinecker. Da sich kein Käufer fand, wurde der Ottilienhof zum katholischen Gemeindehaus.

Noch nicht entschieden sei, welcher Investor auf dem Gelände zum Zuge kommt. Heidenheims Oberbürgermeister Helmut Himmelsbach ist überzeugt davon, daß sich durch den Abriß der Villa eine neue städtebauliche Chance bietet. ¸¸Dabei setzte sich der ehemalige Finanzbürgermeister von Bietigheim-Bissingen durchaus für den Erhalt von denkmalgeschützten Bauten ein'', betont sein Sprecher.

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