Ein Bronzeschatz aus der Kiesgrube Jahrhundertfund am
Oberrhein - Schmuckstücke sind im Badischen Landesmuseum zu sehen
Eine ¸¸Rarität ersten Ranges'' weiß das
Badische Landesmuseum im Karlsruher Schloss seit wenigen Tagen in seinem
Besitz. Es handelt sich um zwei Fundstücke, die, 3000 Jahre alt, auf die
Bronzezeit zurückgehen.
Von Martin Baumgärtner
Anfang 1988 erhielt das Landesdenkmalamt einen anonymen Anruf,
ein Arbeiter einer Kiesgrube nördlich von Karlsruhe unterschlage einen
Bronzeschatz. Rolf-Heiner Behrends, Oberkonservator für
archäologische Denkmalpflege in Karlsruhe, beschlagnahmte tatsächlich
im Zuge seiner Nachforschungen neben einem ¸¸gewöhnlichen''
Mammutzahn zwei sensationell anmutende Stücke: ein fast unversehrtes, 280
Gramm schweres Kettengehänge aus Bronze sowie einen prachtvoll verzierten
20 Zentimeter langen Keilerhauer. Das Alter des Bronzeschatzes, der nach
Abschluss der Forschungen im Badischen Landesmuseum der Öffentlichkeit
vorgestellt wurde, wird vorsichtig auf immerhin 3000 Jahre geschätzt.
Die Wissenschaft nennt diese Epoche des Bronzezeitalters
¸¸Urnenfelderzeit'' oder auch ¸¸Ältere
Hallstattzeit''. Sie umfasste den Zeitraum von 1300 bis 750 vor Christus. Es
war die Zeit der Pharaonen Ramses II. und Ramses III., der Gründung
Karthagos und der Seevölkerbewegung. Im alten Griechenland fanden die
ersten Olympischen Spiele statt.
Die Urnenfelderleute waren sesshaft, lebten von Ackerbau und
Viehzucht, der Jagd und dem Fischfang. Sie kannten einfache Holzwagen und
Schiffe. Bronzewaffen schmolzen sie aus englischem Zinn. Ihr Siedlungszentrum,
das sich heute nur noch durch Spuren ihrer Brandbestattungen kennzeichnet,
hatte seinen Schwerpunkt am Oberrhein. Von dort breiteten sich die Stämme
entlang der Donau bis in den Balkanraum aus. Im Süden erreichten sie die
Iberische Halbinsel, und im Nordosten überquerten sie den Ärmelkanal
zwischen dem europäischen Festland und den Britischen Inseln.
Wie Grabungen in der Nähe von Wiesloch bei Heidelberg
belegen, hatten ihre Dörfer zum Teil über hundert Jahre Bestand. Im
Elsass wurden Grabfunde aus der Bronzezeit in der Rheinebene um Hagenau
entdeckt, aber Siedlungen waren auch in der Höhe auf dem Hohlandsberg bei
Colmar angelegt. In Südbaden fand man 1990 bei Lauchringen im Landkreis
Waldshut ein Hügelgrab mit acht Bestattungen, denen bronzene Nadeln,
Armreife und Dolche beigelegt waren. Solche Entdeckungen sind selten. Die
meisten Spuren von den Menschen der Bronzezeit haben die Hochwasser des Rheins
hinweggespült, oder sie wurden im Laufe der Zeit durch die Erosion des
Bodens vernichtet.
¸¸Es handelt sich wohl um einen Opfer- oder
Weihefund'', erzählt Behrends über die nach dem Erhaltungszustand
weltweit einmaligen Bronzearbeiten. Nach den Umständen des Fundes
gehören sie zur Gruppe der ¸¸Flussfunde'', die absichtlich als
Opfergabe an den Ufern deponiert oder im Wasser versenkt wurden.
Beide Stücke stellen für Baden-Württemberg
Raritäten ersten Ranges dar. Fragmente ähnlicher Kettengehänge
fand man zwar schon 1837 am Abhang des Hohenneuffen bei Nürtingen, im
südbadischen Bad Säckingen-Wallbach und zuletzt bei Offenburg. Doch
wie eine solche Kette komplett aussieht, weiß man erst seit dem Fund aus
der Kiesgrube nördlich von Karlsruhe.
Die exakte Tragweise der 280 Gramm schweren Kette, die mit
kreuzförmigen Endstücken versehen ist, konnten die Archäologen
ebenso wenig ermitteln, wie die Verwendung des 20 Zentimeter langen
Keilerhauers. Vermutlich waren es Schmuckstücke, worauf ähnliche
Gegenstände aus französischen Gräbern hindeuten. Eine direkte
Parallele für die prächtige Fassung des mächtigen Keilerhauers
ist weltweit nicht bekannt: Er ist teilweise mit einer Manschette aus
Bronzeblech eingehüllt und mit einem kunstvollen Rahmenwerk aus
Bronzedrähten verziert. 17 Anhänger aus Bronzeblech, die an der
Unterseite befestigt sind, könnten Menschengestalten darstellen.
¸¸Ein Fund, den ein Archäologe im Berufsleben nur einmal
macht'', sagte Behrends, der in drei Wochen pensioniert wird, bei der
Übergabe an das Badische Landesmuseum in Karlsruhe. |