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REGION STUTTGART 5.2.2000



Anthroposophen wehren sich gegen Verkauf der Villa Kühn

Die Gründerin der Eurythmie lebte dort bis 1994 - Verein benötigt Spenden: Gelände kostet 1,2 Millionen Mark

Köngen, Kreis Esslingen - Seit den 20er Jahren ist Köngen ein Zentrum der Anthroposophen. Else Klink, die Gründerin der Eurythmie-Bewegung, lebte bis zu ihrem Tod 1994 in der Villa Kühn. Der Kulturförderungsverein will den Jüngern der Steiner-Lehre das Baudenkmal auf Dauer erhalten. Doch der Verkauf scheint perfekt: Ein Stuttgarter Architekt will dort einziehen und in dem Parkgelände Reihenhäuser bauen.

VON ANNETTE MOHL

Als Emil Kühn in den 20er Jahren eine Behr-Tochter heiratete, wurde er nicht nur Direktor der Möbelfirma, sondern auch Anthroposoph: Seine Frau arbeitete im ¸¸Säle'' im Hochparterre der Villa schon damals pädagogisch auf Basis der Steiner-Lehre. Als Kühn 1968 starb wurde die nach ihm benannte Stiftung gegründet. Die Villa wird bis heute durch diese Stiftung erhalten.

Else Klink war eine beeindruckende Persönlichkeit. Bis zum sechsten Lebensjahr wuchs sie auf Kabakada auf, einer Neuguinea-Insel. Ihr Vater war während der Kolonialzeit dorthin ausgewandert. Doch er kehrte nur mit Tochter Else zurück: Seine Frau, eine Ureinwohnerin der Insel, blieb im Busch. In Stuttgart besuchte das Mädchen die erste Waldorfschule auf der Uhlandshöhe. Dort entschied Rudolf Steiner, dass ihr bestimmte intellektuelle Fächer erspart bleiben sollten, um sie frei zu halten für die Bewegung.

Das von ihr später in Stuttgart gegründete Eurythmäum wurde im Krieg geschlossen. Emil Kühn holte Else Klink nach Köngen, damit sie ihre Arbeit wieder aufnehmen konnte. Zunächst unterrichtete sie in einer Baracke, bis der Verein 1974 im Parkgelände das Eurythmie-Studio einweihte. Dort absolvierten bis heute 250 Studenten das Einführungsseminar Sprachgestaltung und Eurythmie. Doch die Zeiten haben sich geändert: Bundesweit gibt es mittlerweile ähnliche Fortbildungsstätten. Das Kursangebot im Köngener Studio ist deshalb zurückgegangen und richtet sich derzeit nur an Laien.

Das wollen der Kulturförderungsverein und die Stiftung ändern. Allerdings auf unterschiedliche Weise. Der Stiftungsrat sieht die Lösung im Verkauf der Villa: Von den Einnahmen soll sich das Eurythmie-Studio tragen. Der Käufer würde allerdings drei Reihenhäuser und später ein Mehrfamilienhaus im Parkgelände bauen und veräußern, um die Renovierung der Villa zu finanzieren.

Diese Bebauung will der Kulturförderkreis verhindern, indem er selbst das Gelände kauft. Die Kosten von 1,2 Millionen Mark übersteigen jedoch bei weitem das Vereinsbudget: Man hofft auf Spenden. Brigitte Greiner, die zweite Vorsitzende, fände es jammerschade, den alten Baumbestand zu opfern. Schon weil eine der derzeitigen Mieterinnen der Villa ein anthroposophisch ausgerichtetes Baumpflegeprojekt mit Jugendlichen starten will. Die vom Verein gegründete Initiative zur Rettung der Villa soll das gesamte Ensemble im Park schützen: Villa, Studio und das Otto-Rennefeld-Haus. Die Frau des blinden Dichters Rennefeld praktizierte bis in die 60er Jahre in Köngen als Ärztin. Auch sie war Anthroposophin: 1921 besuchte sie in Berlin den Ärzekongress unter Rudolf Steiner.

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