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LANDESNACHRICHTEN 16.5.2000



Kloster Birnau bald nicht mehr in Rosa?

Turm der Wallfahrtskirche wird restauriert, Fachleute suchen alte Farbreste

Kloster Birnau - Der Turm der weltberühmten Wallfahrtskirche Birnau am Bodensee muss dringend saniert werden. Bei den Restaurierungsarbeiten wird eine alte Frage neu diskutiert: Haben die Restauratoren in den 60er Jahren den Turm falsch angemalt?

VON KARL FRIEDRICH ROMMEL

Georg Schmid nimmt seine Arbeit ganz genau: Millimeter für Millimeter untersucht er den Sandstein. Mit Skalpell und Fingerspitzengefühl entfernt er hauchdünne Farbschichten. Der Arbeitsplatz von Schmid ist in 49 Meter Höhe - knapp unter der Spitze des Birnau-Turms. Zehntausende besuchen Jahr für Jahr die weltberühmte Wallfahrtskirche: Die Touristen sind dabei besonders angetan von dem kräftigen Rot des Kirchenturms.

Doch entspricht die Fassade wirklich dem Originalzustand? ¸¸Wir wissen praktisch nichts mehr davon, wie die Wallfahrtskirche einmal wirklich ausgesehen hat'', sagt Volker Caesar vom Landesdenkmalamt in Tübingen. Dass Kirche und Kloster einmal grellbunt angemalt waren - wie es Stil des gegenreformatorischen Barocks war - kann man annehmen, doch genaues weiß man eben nicht. ¸¸Man hat sich 1966 vor allem von der Mode der damaligen Zeit leiten lassen'', sagt Caesar. Wahrscheinlich mehr als 150 Jahre nach dem letzten historischen Anstrich versuchen die Restauratoren jetzt winzig kleine Farbreste zu finden. ¸¸Wahrscheinlich müssen wir aber auch kleine Stücke aus der Fassade herauslösen und diese im Querschnitt unter dem Elektronenmikroskop analysieren'', sagt Kollege Kieferle.

Doch wie groß sind die Chancen, noch etwas zu finden? ¸¸Bei der Sanierung 1966 wurde die gesamte Fassade mit Flusssäure abgewaschen. Da war man damals nicht zimperlich'', so Kieferle. Vielleicht, so hoffen die Fachleute, ist in einer kleinen Ritze ein historisches Überbleibsel zu finden.

Auf eine weitere Frage werden die Restauratoren wohl keine Antwort finden: Schon 1966 wurde nämlich heftig darüber diskutiert, ob nicht der Kirchenturm gerade falsch herum angestrichen wurde. Die Flächen des Turms sind rot, die Ränder dagegen weiß - gerade andersherum wie das übrige Klostergebäude. Ob dieser vermeintliche Fehler behoben wird? Das ist derzeit völlig offen: Irgendwie hat man sich auch an den ¸¸Fehler'' gewöhnt. ¸¸Was ist falsch, was ist richtig?'', sinniert Stefan Bertels, der Leiter des erzbischöflichen Bauamts in Konstanz über diese Frage. Das Zisterzienser-Priorat der Birnau, das erzbischöfliche Amt und die Denkmalschützer haben jedenfalls noch einige Zeit über die Farbfrage zu grübeln. Denn das Gerüst am Turm wird nach den Untersuchungsarbeiten erst einmal abgebaut. Dann feiert die Birnau das 250. Jubiläum der Klosterkirche. Erst 2001 soll erneut eingerüstet werden und die Sanierung beginnen.

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