Kloster Birnau bald nicht mehr in Rosa?Turm der
Wallfahrtskirche wird restauriert, Fachleute suchen alte Farbreste
Kloster Birnau - Der Turm der weltberühmten Wallfahrtskirche
Birnau am Bodensee muss dringend saniert werden. Bei den Restaurierungsarbeiten
wird eine alte Frage neu diskutiert: Haben die Restauratoren in den 60er Jahren
den Turm falsch angemalt?
VON KARL FRIEDRICH ROMMEL
Georg Schmid nimmt seine Arbeit ganz genau: Millimeter für
Millimeter untersucht er den Sandstein. Mit Skalpell und
Fingerspitzengefühl entfernt er hauchdünne Farbschichten. Der
Arbeitsplatz von Schmid ist in 49 Meter Höhe - knapp unter der Spitze des
Birnau-Turms. Zehntausende besuchen Jahr für Jahr die weltberühmte
Wallfahrtskirche: Die Touristen sind dabei besonders angetan von dem
kräftigen Rot des Kirchenturms.
Doch entspricht die Fassade wirklich dem Originalzustand?
¸¸Wir wissen praktisch nichts mehr davon, wie die Wallfahrtskirche
einmal wirklich ausgesehen hat'', sagt Volker Caesar vom Landesdenkmalamt in
Tübingen. Dass Kirche und Kloster einmal grellbunt angemalt waren - wie es
Stil des gegenreformatorischen Barocks war - kann man annehmen, doch genaues
weiß man eben nicht. ¸¸Man hat sich 1966 vor allem von der
Mode der damaligen Zeit leiten lassen'', sagt Caesar. Wahrscheinlich mehr als
150 Jahre nach dem letzten historischen Anstrich versuchen die Restauratoren
jetzt winzig kleine Farbreste zu finden. ¸¸Wahrscheinlich
müssen wir aber auch kleine Stücke aus der Fassade herauslösen
und diese im Querschnitt unter dem Elektronenmikroskop analysieren'', sagt
Kollege Kieferle.
Doch wie groß sind die Chancen, noch etwas zu finden?
¸¸Bei der Sanierung 1966 wurde die gesamte Fassade mit
Flusssäure abgewaschen. Da war man damals nicht zimperlich'', so Kieferle.
Vielleicht, so hoffen die Fachleute, ist in einer kleinen Ritze ein
historisches Überbleibsel zu finden.
Auf eine weitere Frage werden die Restauratoren wohl keine Antwort
finden: Schon 1966 wurde nämlich heftig darüber diskutiert, ob nicht
der Kirchenturm gerade falsch herum angestrichen wurde. Die Flächen des
Turms sind rot, die Ränder dagegen weiß - gerade andersherum wie das
übrige Klostergebäude. Ob dieser vermeintliche Fehler behoben wird?
Das ist derzeit völlig offen: Irgendwie hat man sich auch an den
¸¸Fehler'' gewöhnt. ¸¸Was ist falsch, was ist
richtig?'', sinniert Stefan Bertels, der Leiter des erzbischöflichen
Bauamts in Konstanz über diese Frage. Das Zisterzienser-Priorat der
Birnau, das erzbischöfliche Amt und die Denkmalschützer haben
jedenfalls noch einige Zeit über die Farbfrage zu grübeln. Denn das
Gerüst am Turm wird nach den Untersuchungsarbeiten erst einmal abgebaut.
Dann feiert die Birnau das 250. Jubiläum der Klosterkirche. Erst 2001 soll
erneut eingerüstet werden und die Sanierung beginnen. |