Stuttgarter Zeitung Kreis Esslingen 4.1.2000



Das Finanzamt residiert im Nonnenkloster

Nach Umbau klassisch schön

KIRCHHEIM/Teck. Wo einst die Dominikanerinnen von ihren Pfründen lebten, kassiert seit hundert Jahren der Fiskus seinen Teil. Und mögen da die Bürgergedanken nicht immer wohlwollend sein, Tatsache ist, dass das Kirchheimer Finanzamt in freundlichem neuem Glanz erstrahlt.

Von Gunther Nething

Nicht nur weil sein langer Arm bis in jedes Portemonnaie reicht, ist das Finanzamt an der Kirchheimer Alleenstraße für die Allgemeinheit von Belang, auch landeskundlich und heimatgeschichtlich ist der stattliche Fachwerkbau mit seinem Fruchtkasten von Bedeutung. Außerhalb der Stadtbefestigung, zwischen Graben und Lindach, ist der heutige Bau ums Jahr 1662 als Nonnenkloster erstellt worden, nachdem das Vorgängerbauwerk bei einem Brand völlig eingeäschert worden war. Seit 1926 hält der Denkmalschutz seine Hand über das Ensemble.

Als um 1900 die Finanzverwaltung einzog, da mögen die Arbeitsplätze von Fall zu Fall noch mit dem Attribut ¸¸idyllisch'' versehen worden sein, doch mit der Ausweitung des Personalstabs und der zunehmenden Technisierung im Registrierwesen häuften sich spätestens in den 70er Jahren die Klagen über Raumnot. Diese Klagen zogen sich trotz Veränderungen bis vor wenigen Jahren hin, dann setzte im Zuge eines Kirchheimer ¸¸Behördenkarussells'' auch für das Finanzamt eine umfassende Innen- und Außensanierung ein.

Dieser ¸¸Ringtausch'', so Reinhard Kniep vom Staatlichen Vermögens- und Hochbauamt Ludwigsburg, ließ die Gewässerdirektion aus dem Gebäude Max-Eyth-Straße 57, dem alten Oberamt, ins Schloss umziehen. Dadurch konnte wiederum die Zahlstelle des Finanzamts ins Oberamt nachrücken, und an der Hauptstelle wurde Platz für das Kernstück einer bürgerfreundlichen Finanzverwaltung, die ¸¸Zentrale Informations- und Annahmestelle'', kurz Zia genannt. Sie soll dem Ratsuchenden unnötige Wege ersparen und ist in Kirchheim seit Herbst fertig.

Bis zum kommenden Juli, so rechnet man in Ludwigsburg, dürfte die auf rund 2,3 Millionen Mark veranschlagte Sanierung in enger Abstimmung mit der Denkmalpflege abgeschlossen sein. Schon jetzt strahlt der Hauptbau in neuem Outfit, das wiederum der klassischen Vorgabe entspricht. 1975 hatte man das Fachwerk zwar freigelegt, aber den Balken einen dunkelbraunen Anstrich verpasst. Mit Blick auf die jüngste Restaurierung hatte dann ein vom Vermögens- und Hochbauamt eingeschalteter Restaurator ermittelt, dass die Balken einst mit freundlich hellem Ocker bemalt und die weißen Gefache mit schwarzer Umrahmung akzentuiert waren. Für den Ohmdener Restaurator Lothar Bohring und die Gebietsreferentin Sabine Weyrauch vom Landesdenkmalamt eine ¸¸außergewöhnliche Entdeckung'' in der Kirchheimer Gegend.

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