Kirchheims Unterwelt steckt voller Rätsel Neue Funde
in Altstadtkeller
KIRCHHEIM/Teck. Kirchheims Untergrund ist wie ein Bilderbuch.
Kaum haben Kanalisationsarbeiten in der Marktstraße nähere
Aufschlüsse zur Stadtmauer erbracht, lassen sich jetzt gleich daneben in
der Widerholtstraße weitere Seiten des Bilderbuchs aufschlagen.
Von Gunther Nething
Zwar liegt seit März letzten Jahres für die Teckstadt
ein Stadtkataster vor, doch ist so ein Werk naturgemäß nie fertig.
Davon können Kirchheims Museumsleiter Rainer Laskowski und ein
ehrenamtlicher Kreis von Helfern einer Arbeitsgruppe Archäologie ein Lied
singen. Immer wenn in der Kernstadt ein Neubau entsteht, lassen sich fast
Wetten abschließen, dass der Untergrund Geheimnisse preisgibt oder
Rätsel behält.
Jüngstes Beispiel ist das Haus Widerholtstraße 9. Das
Gebäude soll abgerissen werden, und es ist auch denkmalrechtlich nicht
weiter von Belang, was aus dem Boden guckt. Doch der Keller hat's in sich. Zum
einen durch die Art und Zusammenstellung der Mauersteine, zum andern durch die
Entdeckung von gleich zehn Nachgeburtsgefäßen im gewachsenen Boden.
Was die Häufung von Funden solcher Plazenta-Urnen angeht, so wird
Kirchheim oft im Zusammenhang mit Bönnigheim im Kreis Ludwigsburg und
Sindelfingen genannt.
Interessant aber ist vor allem die Lage des Kellers unmittelbar
im Bereich der früheren Stadtmauer. Und so haben Laskowski und seine
Helfer in den unteren Lagen der Kellermauer denselben Stein entdeckt wie im
Fundament der Stadtmauer, nämlich den bläulichgrauen
Arietenkalkstein. Die Stadtmauer entstand in der zweiten Hälfte des 13.
Jahrhunderts, das Material haben die Kirchheimer in der Kitteneshalde oder bei
Ötlingen gewonnen. Die wegen der Fortschritte bei den Feuerwaffen in der
Mitte des 14. Jahrhunderts gebaute zweite Ringmauer, auch Zwingermauer genannt,
wurde dagegen aus hellem Sandstein errichtet, der überwiegend aus der
Gegend um Plochingen stammt. Und auch im Keller an der Widerholtstraße
findet sich solcher Stein.
Zu diesen Stein gewordenen ¸¸Jahresringen'' kommt
hinzu, dass der Stadtbrand von 1690 unübersehbar seine Spuren hinterlassen
hat und laut Laskowski vermutlich erst danach beim Wiederaufbau der Keller ein
Gewölbe bekommen hat. Und die Spuren reichen bis in die letzten
Kriegsjahre, als die Keller noch schnell luftschutztauglich gemacht werden
sollten.
Forschungsstoff bieten in der Teckstadt auch die
Nachgeburtstöpfe. Sie wurden in der Widerholtstraße teils mit dem
Deckel nach unten aufgefunden, frühere Funde waren auch mit einem
Drudenfuß markiert.
Über neue Grabungen und Funde in der Teckstadt wurde am 20.
Januar im Spitalkeller informiert...
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