Eine ehemalige Synagoge als Haus der Begegnung
Pädagogisch-Kulturelles Centrum in Freudental pflegt seit 15 Jahren mit
besonderer Sorgfalt den deutsch-israelischen Dialog
FREUDENTAL. In der ehemaligen Synagoge von Freudental im Kreis
Ludwigsburg wird zukunftsweisende Vergangenheitsbewältigung betrieben. Das
einstige Bethaus ist Bildungszentrum und Tagungsstätte in einem. Und das
seit nunmehr fünfzehn Jahren.
Von Michael Ohnewald
Am Anfang standen einige Unentwegte festen Glaubens, die sich dem
drohenden Abbruch der ehemaligen Synagoge entgegenstellten. Das 1770 erbaute
Bethaus war nach der Plünderung durch die Nazis von mehreren Besitzern
heruntergewirtschaftet und zuletzt als Lagerraum genutzt worden. Dem Abriss des
maroden Bauveteranen hatte der Gemeinderat bereits zugestimmt.
Auf dem Spiel stand nicht weniger als das kulturelle Erbe der
jüdischen Gemeinde von Freudental, deren Ursprünge bis ins 16.
Jahrhundert zurückreichen. Zeitweise lebten in der Ortschaft mehr als 370
jüdische Bürger. So kam es im April 1980 in einem Gasthaus zur
Gründung der ¸¸Initiativgruppe Freudentaler Synagoge'', deren
Mitglieder für den Erhalt des Kulturdenkmals eintraten. Am Ende setzten
sich im Flecken jene Stimmen durch, die das ramponierte Gotteshaus um jeden
Preis vor der Spitzhacke bewahren wollten.
Inzwischen erinnert an der Strombergstraße in Freudental
nichts mehr daran, dass hier einst ein heftiger Glaubenskrieg zwischen
Abbruchwilligen und Andersdenkenden getobt hat. Anfang der achtziger Jahre ist
die ehemalige Synagoge, die zu den ältesten im Land gehört, für
rund 2,2 Millionen Mark zum ¸¸Pädagogisch-Kulturellen
Centrum'' (PKC) ausgebaut worden. Diese Begegnungsstätte besteht jetzt im
fünfzehnten Jahr und hat durch ihre nicht alltäglichen Arbeit
bundesweit Aufmerksamkeit erregt.
Hinter dem Kulturhort steht ein 270 Mitglieder zählender
Verein, der sich mit besonderer Sorgfalt um die Pflege der deutsch-israelischen
Beziehungen bemüht. Nicht von ungefähr ist die vor drei Jahren
besiegelte Partnerschaft zwischen dem Kreis Ludwigsburg und der Region oberes
Galiläa in Freudental auf den Weg gebracht worden.
Seit 1991 gehört das Ensemble um die ehemalige Synagoge zu
den Liegenschaften des Landkreises. Er überweist jährlich einen
Zuschuss von 70000 Mark, und auch das Land fördert den Kulturbetrieb mit
60000 Mark. Nach Angaben der Geschäftsstelle sind voriges Jahr bei 24
Veranstaltungen rund 3500 Besucher gezählt worden. Das Programm umfasste
Lesungen ebenso wie Ausstellungen und Konzerte. Außerdem sind fünf
Studienreisen organisiert worden, die Tagungsstätte hat 2275 Gäste
beherbergt.
In der ehemaligen Synagoge wird das Jubiläum am Sonntag von
11 Uhr an mit einem Stiftungsfest gefeiert. In seiner Festrede beschäftigt
sich Weihbischof Thomas Maria Renz von der Diözese Rottenberg-Stuttgart
mit dem christlich-jüdischen Dialog.
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