Stuttgarter Zeitung sonstige Kreis-Seiten 14.1.2000



Eine ehemalige Synagoge als Haus der Begegnung

Pädagogisch-Kulturelles Centrum in Freudental pflegt seit 15 Jahren mit besonderer Sorgfalt den deutsch-israelischen Dialog

FREUDENTAL. In der ehemaligen Synagoge von Freudental im Kreis Ludwigsburg wird zukunftsweisende Vergangenheitsbewältigung betrieben. Das einstige Bethaus ist Bildungszentrum und Tagungsstätte in einem. Und das seit nunmehr fünfzehn Jahren.

Von Michael Ohnewald

Am Anfang standen einige Unentwegte festen Glaubens, die sich dem drohenden Abbruch der ehemaligen Synagoge entgegenstellten. Das 1770 erbaute Bethaus war nach der Plünderung durch die Nazis von mehreren Besitzern heruntergewirtschaftet und zuletzt als Lagerraum genutzt worden. Dem Abriss des maroden Bauveteranen hatte der Gemeinderat bereits zugestimmt.

Auf dem Spiel stand nicht weniger als das kulturelle Erbe der jüdischen Gemeinde von Freudental, deren Ursprünge bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen. Zeitweise lebten in der Ortschaft mehr als 370 jüdische Bürger. So kam es im April 1980 in einem Gasthaus zur Gründung der ¸¸Initiativgruppe Freudentaler Synagoge'', deren Mitglieder für den Erhalt des Kulturdenkmals eintraten. Am Ende setzten sich im Flecken jene Stimmen durch, die das ramponierte Gotteshaus um jeden Preis vor der Spitzhacke bewahren wollten.

Inzwischen erinnert an der Strombergstraße in Freudental nichts mehr daran, dass hier einst ein heftiger Glaubenskrieg zwischen Abbruchwilligen und Andersdenkenden getobt hat. Anfang der achtziger Jahre ist die ehemalige Synagoge, die zu den ältesten im Land gehört, für rund 2,2 Millionen Mark zum ¸¸Pädagogisch-Kulturellen Centrum'' (PKC) ausgebaut worden. Diese Begegnungsstätte besteht jetzt im fünfzehnten Jahr und hat durch ihre nicht alltäglichen Arbeit bundesweit Aufmerksamkeit erregt.

Hinter dem Kulturhort steht ein 270 Mitglieder zählender Verein, der sich mit besonderer Sorgfalt um die Pflege der deutsch-israelischen Beziehungen bemüht. Nicht von ungefähr ist die vor drei Jahren besiegelte Partnerschaft zwischen dem Kreis Ludwigsburg und der Region oberes Galiläa in Freudental auf den Weg gebracht worden.

Seit 1991 gehört das Ensemble um die ehemalige Synagoge zu den Liegenschaften des Landkreises. Er überweist jährlich einen Zuschuss von 70000 Mark, und auch das Land fördert den Kulturbetrieb mit 60000 Mark. Nach Angaben der Geschäftsstelle sind voriges Jahr bei 24 Veranstaltungen rund 3500 Besucher gezählt worden. Das Programm umfasste Lesungen ebenso wie Ausstellungen und Konzerte. Außerdem sind fünf Studienreisen organisiert worden, die Tagungsstätte hat 2275 Gäste beherbergt.

In der ehemaligen Synagoge wird das Jubiläum am Sonntag von 11 Uhr an mit einem Stiftungsfest gefeiert. In seiner Festrede beschäftigt sich Weihbischof Thomas Maria Renz von der Diözese Rottenberg-Stuttgart mit dem christlich-jüdischen Dialog.

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