"Würde des Platzes nicht beeinträchtigen'' Ein
Diskussionsbeitrag zum Umgang mit dem Neuen Schloss, seinem Innenhof und der
Umgebung
Herbert Fecker, 76, war fast zwei Jahrzehnte lang als
Ministerialdirigent und Leiter der Bauabteilung des Finanzministeriums oberster
Bauherr des Landes. Hier seine Meinung zum Schlossplatz.
Stuttgart 21 findet am Schlossplatz neben der Absicht, endlich
die Lücke zum Kleinen Schlossplatz baulich zu schließen, auch sonst
seinen Niederschlag:
>OB Schuster meint, dass nach den Erfahrungen mit dem
¸¸Event'' an Silvester wohl keine neue Fete mehr stattfinden
sollte.
>Die Eislauf-Veranstalter in der Westallee streben eine
größere Bahn an.
>Martin Hohnecker spricht sich gegen das ¸¸Kleine
Spiel'' im Königsbau aus und hofft, dass sich OB Schuster und das für
den Königsbau zuständige Land Sinn für die Pietät und das
Passende bewahrt haben.
Ich möchte die Quintessenz von Hohnecker aufgreifen und auf
den ganzen Bereich ausdehnen. Belebung durch ¸¸Events'' ist heute
die Parole. Darüber vergisst man, dass wir mit Schlossplatz und
Schillerplatz ¸¸Dauerevents'' haben, um die uns viele beneiden.
Wie stolz waren die Stuttgarter, als der Schlossplatz und das
Neue Schloss im Zusammenhang mit der Bundesgartenschau 1977 wieder ihr
historisches Gepräge erhielten und gemeinsam mit dem Schillerplatz
für die Bürger und Besucher als öffentliche Räume
¸¸Highlights'' der Stadt geworden waren.
Die Leistungen des Gemeinwesens über die Jahrhunderte
hinweg, seine Baukultur, seine öffentliche Funktion, die Noblesse des
Ganzen erschließen sich im Gegensatz zur Geschäftigkeit der City in
fast einmaliger Weise. Wahrlich - als ¸¸Sachgesamtheit'' ein
Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung.
Die Generation der Macher heute hat dafür keinen Sinn.
Stadtqualität ist für sie allein die Möglichkeit der
Vermarktung. Aktivitäten jeder Art sollen Aufwertung bewirken. Begonnen
hat dies bereits 1993 mit dem Containerdorf des Künstlers Flatz im
Schlosshof, der seither primär als Kulisse herhalten muss. Es ist ein
Glück, dass wenigstens der Gemeinderat die Innovationskugel der Wirtschaft
verhindert hat. Die Geschäfte im Königsbau quellen immer weiter auf
den Vorraum hinaus, und nun endet das Spektakel zunächst mit der Preisgabe
des empfindlichsten öffentlichen Raumes der Landeshauptstadt an
Privatunternehmer für deren Eislaufbahn. Kein Verantwortlicher nahm
Anstoß an dem Budenauftakt und dem Betriebszubehör, das die
Baumrabatte beansprucht und in unerträglicher Weise die Bedeutung der
Allee und die Würde des Platzes beeinträchtigt.
Es ist höchste Zeit, dass die Mahnung Martin Hohneckers
insgesamt aufgegriffen wird und die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung
veranlasst, bei öffentlichen Anlagen und Gebäuden die Grenzen des
Zulässigen zu fixieren. Dafür sollten strenge Maßstäbe
angelegt werden, welche auch Politiker anerkennen sollten. Die Entscheidung
darf nicht den PR-Strategen und den Vermarktern überlassen werden.
¸¸Kulturdenkmale hat, wer Kultur hat'', postulierte
ein italienischer Referent bei seinem Auftritt im Kongress Stadt, Kultur,
Natur. Und Goethe hat im ¸¸Faust'' gemahnt: Was du ererbt von
deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen!
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