Artikel aus der
Stuttgarter Zeitung
vom 21.11.2000
Stuttgart



Bündnis gegen den schleichenden Tod der Kleindenkmale

Zu einer ungewöhnlichen Gemeinschaftsaktion haben sich drei große Heimatvereine und eine Behörde zusammengeschlossen. Es geht um die Erfassung und den Schutz kleiner Zeugen der Geschichte.

Von Dieter Kapff

Vertragsunterzeichnung im "Oval Office'' des Landesdenkmalamts in Stuttgart. Der Vorsitzende des Schwäbischen Heimatbunds (SHB), Martin Blümcke, und die Präsidenten des Schwäbischen Albvereins (SAV), Peter Stoll, des Schwarzwaldvereins, Eugen Dieterle, und des Landesdenkmalamts (LDA), Dieter Planck, besiegeln ihre enge Zusammenarbeit bei einem Modellprojekt. In den kommenden vier Jahren sollen flächendeckend die Kleindenkmale gesucht, in Wort und Bild dokumentiert und zentral gesammelt werden. Es geht darum, die kleinen Zeugen der Heimatgeschichte dem Vergessen zu entreißen und vor dem schleichenden Tod zu bewahren. Denn schützen kann man nur, was man kennt, erläuterte Blümcke.

Zum 1. März 2001 wird eine Koordinationsstelle beim Denkmalamt eingerichtet, die mit einem Wissenschaftler besetzt ist, der die einlaufenden Kleindenkmaldaten fachlich prüft, ins EDV-System eingibt und wissenschaftlich aufbereitet. Er wird vom LDA zu 60 Prozent finanziert. Die drei Heimatvereine mit ihren weit mehr als 200000 Mitgliedern steuern jährlich 42000 Mark bei. Die Bewerbungsfrist läuft bis zum 6. Dezember.

Ideengeber und seit Jahren treibende Kraft der Gemeinschaftsaktion ist der Schwäbische Heimatbund. Eigentlich ist die Erfassung und Dokumentation von Kleindenkmalen eine staatliche Aufgabe. Doch ist das Denkmalamt, wo es ein Referat für Inventarisation und Dokumentation (Leiter Volker Osteneck) gibt, wegen Personalmangels dazu flächendeckend nicht in der Lage. Planck bedauerte, dass diese für die heimische Landschaft so charakteristische Denkmalkategorie "bisher nicht die notwendige Zuwendung'' erfahren habe.

"Man muss sich um seine Heimat selber kümmern'', hat Dieterle die Konsequenz gezogen. Den Wandervereinen sei also die Aufgabe zugewachsen, "Kleindenkmale zu erkennen, zu schützen und zu bewahren''. Und "Wanderfreund'' Stoll sekundierte, mit seinen zahlreichen Ortsgruppen sei der SAV in der Fläche präsent. Man habe beim Wandern zwar schon viele Kleindenkmale entdeckt, nun aber wolle man sie auch festhalten.

Für die "einmalige und beispiellose Gemeinschaftsaktion von ehrenamtlichen und hauptamtlichen Kräften'' (Blümcke) werden bis zum Frühjahr die Vorbereitungen getroffen. Fünf Pilotgebiete, darunter eines in der Region Stuttgart, werden ausgewählt, Ansprechpartner für die ehrenamtlichen Helfer bestimmt, ein die Arbeit erleichternder Meldebogen entworfen, schon Bekanntes aufgelistet, um Doppelarbeit zu vermeiden.

Selbstverständlich können auch andere Vereine, Gemeinden und Landkreise, aber auch Privatpersonen mitmachen und in Wald und Flur Detektiv spielen. In den Kreisen Alb-Donau, Karlsruhe und Rastatt ist die Dokumentation bereits abgeschlossen, in einigen anderen Gebieten von privater Seite wenigstens schon begonnen. Die Aufgabe ist riesig. Im Land gibt es zehntausende von Kleindenkmalen, wie Grenzsteine und Sühnekreuze, Gruhen, Bildstöcke und knapp hundert andere Typen aus Stein, Metall oder Holz. Das Wissen um ihre Funktion und ihre Bedeutung droht jedoch verloren zu gehen. Als unverstandene "Denkmale des kleinen Mannes'' fallen sie leicht der Zerstörung anheim oder gehen verloren.

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