Malereien der Romanik schließen eine
Forschungslücke
Die Gamburg ist jetzt ein Denkmal von nationaler Bedeutung -
Besitzer kann bei der Sanierung mit Geld vom Land rechnen
Jährlich berät eine Kommission in Berlin darüber,
welche Denkmale in den "Adelsstand'' als Kulturgüter von nationaler
Bedeutung gehoben werden. Die Gamburg im Taubertal ist jetzt in den exklusiven
Zirkel aufgenommen worden.
Von Martin Geier
In diesen Tagen entzieht sich die Gamburg weitgehend den Blicken
und hüllt sich in Nebel. Erst wenn die flachen Sonnenstrahlen lange genug
über dem Taubertal scheinen, tauchen aus den wabernden Dunstfetzen die
kantigen Umrisse einer mächtigen Burg auf. Sie liegt hoch über dem
Tal, zu ihren Füßen das gleichnamige Dorf: die Gamburg. Ihre roten
Sandsteinquader stammen aus der Umgebung, viele der historischen Gebäude
in diesem Landesteil sind deshalb rot. Das Hauptgebäude der Gamburg, der
Palas, ist noch fast im Urzustand und weist etliche Spuren aus seiner
Entstehungsgeschichte vor 800 Jahren auf. "Das ist in Europa einzigartig'',
sagt Landeskonservator Franz Meckes.
Wie die Nebel über dem Tal, so liegt manches über die
Anfänge der Gamburg im Ungewissen. Denn die Historiker gehen immer noch
der Frage nach, weswegen an dieser Stelle eine so prächtige Burg gebaut
wurde, fast zur gleichen Zeit wurde fünf Kilometer flussaufwärts das
Zisterzienserkloster Bronnbach gebaut. Die 1157 als Mainzer Lehen erstmals
erwähnte Gamburg liegt auf halber Strecke zwischen Tauberbischofsheim und
Wertheim auf einem Sporn. Bergfried, Palas und Nebengebäude stehen auf
einem Oval in den Ausmaßen von 60 mal 45 Meter. Umgeben wird die Anlage
von einer gewaltigen Zwingmauer mit fünf Halbkreisbastionen und drei
Rundtürmen.
Doch um ein Haar wäre es nichts mehr gewesen mit dem
Beispiel einer beginnenden adligen Herrschaftsbildung an der unteren Tauber.
Denn im Jahr 1356 richtete ein Erdbeben, dessen Epizentrum bei Basel lag, in
der Gegend Schäden an und zerstörte sogar Burgen. Auf der
offensichtlich auf recht stabilem Untergrund gebauten Gamburg gab es nur Risse
in den Wänden, die man leicht beheben konnte. Doch zu diesem Zeitpunkt war
das Gamburger Stammgeschlecht der Beringer bereits ausgestorben, die Burg dem
Verfall preisgegeben. Die Familie und ihre Nachkommen waren nicht nur Grund-
und Vogteiherren, sondern beteiligten sich auch maßgeblich an der
Landeserschließung - wie der Mitbegründung des nahen Klosters
Bronnbach im Taubertal.
Beringer von Gamburg - 1139 erstmals genannt - ließ
jedenfalls ein prächtiges Eigenheim auf seiner Burg erstellen. Drei
Stockwerke hoch, entspricht es zwar nicht unseren heutigen
Komfortvorstellungen, andererseits konnte der möglicherweise hohe
staufische Ministeriale damit richtig auftrumpfen, sprich repräsentieren.
Der Festsaal im obersten Stock war umsäumt von offenen Arkaden, die etwa
in Augenhöhe ansetzten und somit auch einen Blick ins Tal
ermöglichten. Im Winter ziemlich ungemütlich, war es dennoch ein
willkommener Platz in den wenigen lauen Sommerwochen.
1982 stieß man bei Umbauarbeiten im Palas auf erste Spuren
aus der Bauzeit und auf Wandmalereien. Die Konservatoren waren perplex, weil
sie kaum mehr glaubten, in dem über acht Jahrhunderte stark genutzten
Gebäude und in den in der Renaissance und im Barock umgebauten Räumen
Malereien und Bauteile aus der Romanik zu finden: gedoppelte Säulchen mit
verzierten Basen und floral verzierten Kapitellen und Seccomalereien mit
Darstellungen von Gebäuden und Personen. Mittlerweile gibt es Querverweise
auf gleiche Dekors im Kloster Bronnbach. "Mit der Wiederentdeckung der
romanischen Gamburg'', schreibt Franz Meckes der Deutschen Stiftung
Denkmalschutz in seinem Gutachten, "wird eine Forschungslücke geschlossen,
die belegt, dass die Burgen der Adligen (Landesherren), sich in Bauform und
Raumprogramm kaum von den staufischen Reichsburgen und Pfalzen
unterscheiden.''
Mit der Einstufung als Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung
kann der Eigentümer - im Falle der Gamburg ein Klinikchef aus Hessen - bei
der Sanierung mit Bundesmitteln rechnen. In Baden-Württemberg fallen
darunter auch das Ulmer und Freiburger Münster, die Zollernburg bei
Hechingen, die Kilianskirche in Heilbronn oder die Sauschwänzlebahn im
Südschwarzwald.
Ein rechtlicher Anspruch auf besondere oder gar dauerhafte
finanzielle Förderung erwächst aus dem Prädikat
"Nationaldenkmal'' allerdings nicht.
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