Artikel aus der
Stuttgarter Zeitung
vom 16.6.2001
Themen des Tages



Römer, kommt!

Die Bilder sind beeindruckend gewesen. Da standen sie in Zweierreihen vom Landesbank-Forum bis zum Nordausgang des Hauptbahnhofs. Sie trotzten strömendem Regen und stechender Sonne. Und das alles, um ein paar alte Scherben sehen zu können und sich durch Unmengen kulturhistorischer Erläuterungen lesen zu müssen. Böse Zungen behaupten ja immer wieder, die Schlange allein treibe die Menschen in solche Ausstellungen. Nach dem Motto: wenn draußen alle so lange anstehen, dann muss ja drinnen etwas ganz Besonderes warten. Und es soll sogar Menschen geben, die einfach nur das Gefühl genießen, auch dabei zu sein.

Diese Spezies dürfte aber bei der Troiaschau in der Minderheit gewesen sein. Freilich gab es Schüler, die unfreiwillig mit Homer und Co. Bekanntschaft machten und diesem Umstand auch lautstark Ausdruck verliehen. Aber der Großteil der Besucher - insgesamt fast eine Viertelmillion - kam aus Interesse am Sujet. Troia zieht fraglos, da fallen Schlagworte wie der heldenhafte Achilles, die schöne Helena, das Troianische Pferd, und dann natürlich Schliemann und der sagenhafte Schatz des Priamos. In der Ausstellung ging es aber nicht nur um das homersche Troia, sie hatte durchaus akademischen Anspruch: Es ging um die Folgen der Ilias bis in die Neuzeit. Und wer in der Ausstellung war, hat gemerkt, dass sich die Besucher Zeit genommen haben. Viele haben eine neues Troiabild nach Hause genommen. Das lässt auf eine ebenso spannende Römer-Ausstellung hoffen (siehe Interview auf dieser Seite).

Dann rennt das Publikum vermutlich zu den Römern. Doch viel schöner wäre es, die Römer kämen zum Publikum, mitten in die Stadt, möglichst auf den Schlossplatz. Man stelle sich vor: nicht mehr gar so lange Schlangen, mehr Platz rund um die Exponate, ein Raum zum Ausruhen, ein Café für ein Päuschen, eine großzügig bemessene Garderobe, Schließfächer statt der Container für die Rucksäcke. Und drum herum ein Römerfest, ausgetragen von den Kulturleuten aus Stadt und Land. Zeit ist ja noch genug bis 2005. Verschlafen gilt diesmal nicht.
Von Daniela Mack

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