Artikel aus der
Stuttgarter Zeitung
vom 19.6.2001
Südwestdeutsche Zeitung



Neues Museum in Heitersheim zeigt römische Lebensart

Zehn Jahre nach dem ersten Spatenstich ist das einzigartige Kulturdenkmal Villa urbana nun zu besichtigen

Heitersheim am Oberrhein im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald hat eine neue Attraktion. Seit Sonntag Abend können Teile einer römischen Palastvilla und das römische Leben vor 2000 Jahren wie in einer großen Vitrine besichtigt werden.

Von Dieter Kapff

Auf den Hinweisschildern steht die Römervilla schon über dem Malteserschloss, der Sehenswürdigkeit, mit der Heitersheim bisher schon zahlreiche Besucher angelockt hat. Und das hat seinen Grund. Die römische Villa urbana ist ein in Baden-Württemberg einzigartiges Kulturdenkmal. Nachts beleuchtet, wird das neue Museum zur Landmarke.

Römische "villae rusticae'', also Landgüter, gibt es etwa 2000 hier zu Lande, aber nur eine einzige derartige Prachtvilla, die sich schon in der Anlage von allen anderen Bauwerken unterscheidet. Auf sechs Hektar Fläche erstreckt sich eine landwirtschaftliche Produktionseinheit mit Töpferwerkstatt und metallverarbeitenden Betrieben, die in ihrem südöstlichen Teil einen mit Mauern abgetrennten Wohnteil für einen schwerreichen Großgrundbesitzer aufweist. Der Mann ist sogar namentlich bekannt: Lucius Julius Fontus. Er war wagemutig, denn als er im Jahr 30 n. Chr. hier baute, gehörte die Gegend um Heitersheim noch nicht zum Römerreich.

Es war die Sommerresidenz eines römischen Amtsadligen, eines Senators oder Ritters, sozusagen sein Landschloss. Der Mann hatte Stil und auch die Mittel, sich allerlei mediterranen Luxus leisten zu können. Mosaikfußböden und Marmorvertäfelung, ornamentale steinerne Intarsien, für die er zum Beispiel grünen Porphyr aus Griechenland kommen ließ, bemalter Wandverputz mit lebensgroßen Figuren, Pflanzen und Tieren - dies ist leider nur in Resten erhalten und im Museum zu besichtigen - zeugen von der ungewöhnlichen Lebens- und Wohnqualität am Schwarzwaldrand.

Zur dritten Bauphase im zweiten Jahrhundert, die im neuen Museum mit noch meterhohen Originalmauern erhalten ist, gehört ein 18 Meter langes Zierbecken im Innenhof des u-förmigen, 1500 Quadratmeter großen Hauptwohnhauses. Ein von Säulen getragenes Peristyl säumt das Becken auf drei Seiten. Aus einer Brunnenfigur, ein geflügelter Amor reitet auf einem Delfin, plätschert Wasser. "Fließendes Wasser symbolisiert Leben'', sagt Professor Hans-Ulrich Nuber vom Provinzialrömischen Institut der Universität Freiburg, der die Ausgrabungen der Villa urbana von Heitersheim seit 1991 geleitet hat. Das gehört zum südländischen Lebensgefühl. Das Motiv der Figur ist übrigens einer Silberfibel nachgebildet, die hier gefunden wurde.

Mit dem Plätschergeräusch wird der Besucher auch akustisch auf das römische Wohlleben eingestimmt. Die großen, fast schwerelosen Fensterflächen des Museums (Architekt ist Werner Höfler), lassen den Gast optisch das grandiose Schauspiel miterleben, das der reiche Römer vor knapp 2000 Jahren mit Blick auf die Schwarzwaldberge genoss. Vorbeiziehende Wolken, grelle Blitze, der Sonnenaufgang über einer grünen, herbstlich bunten oder verschneiten Landschaft. Eine Villa in Aussichtslage eben.

Das ganze Museumsprojekt samt Ausgrabungen hat, nach den Worten von Bürgermeister Jürgen Ehret, 2,5 Millionen Mark gekostet. Knapp 500000 Mark kamen vom Land und je 200000 von der Denkmalstiftung und vom Strukturprogramm ländlicher Raum. Die Stadt kommt dabei günstig weg, denn es ist ihr gelungen, potente Sponsoren zu gewinnen und mit vielen Aktivitäten Einnahmen zu erzielen. Dafür stellt die nur knapp 6000 Einwohner zählende Stadt einen Wissenschaftler als Museumsleiter an.

Im Museum zu sehen ist auch der 54 Quadratmeter große Keller, einer der größten bekannten, wo riesige Mengen an Vorräten, auch Wein, für die feudale römische Gesellschaft gelagert waren, die sommers ins nahe Badenweiler zum Baden reiste. An die Festlichkeiten will man in Heitersheim anknüpfen. Im Keller könnten Weinproben, aber auch kulturelle Events wie Konzerte und Kunstausstellungen stattfinden.

Das Römermuseum ist dienstags bis sonntags von 13 bis 17 Uhr, sonntags schon von 11 Uhr an geöffnet. Führungen und Anmeldungen unter der Rufnummer 07634 / 595347.

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