Um Troia wird wieder gekämpft
Manfred Korfmann unter Druck
Stuttgart - Manfred Korfmann hat einen Traum: Nach Troia, so die
Vision des Tübinger Archäologen, sollen die weltweit in 50
Städten - davon in 38 deutschen Museen - verstreuten Funde aus den
bisherigen Grabungskampagnen am Hügel Hisarlik zurückkehren. In der
Realität indes kämpft Korfmann um seinen Ruf. Wissenschaftlerkollegen
werfen ihm vor, eine "Fiktion'' geschaffen zu haben.
VON NIKOLAI B. FORSTBAUER
"Troia - Traum und Wirklichkeit'' heißt die Ausstellung,
die ein vorläufiges Fazit von Korfmanns Forschungen zieht. Derzeit in
Braunschweig zu sehen, lockte sie bereits zum Start in Stuttgart 250 000
Besucher an.
In allzu bunter Vielfalt, so die Kritik auch unserer Zeitung an
der Konzeption, vermittle Korfmann - seit 1982 Direktor des Instituts für
Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters der
Universität Tübingen - sein Troia-Bild. Kernthese des Forschers:
"Troia war eine anatolisch geprägte Stadt'', die identisch war mit Wilusa,
einer Metropole des hethitischen Großreiches. Troia sei ein idealer
Siedlungsplatz zwischen zwei Kontinenten und Meeren gewesen, der
schließlich zu einer Handelsmacht mit einer Stadtgröße von
270000 Quadratmetern anwuchs.
Eben diese These bezeichnet Frank Kolb, Ordinarius für Alte
Geschichte in Tübingen, als "völlig absurd''. Auch wenn er auf
Nachfrage von seiner Aussage abrückt, Korfmann sei der "Däniken der
Archäologie'', so hält er dessen Forschungsergebnisse doch weiterhin
schlicht für eine "Fiktion''.
Ist Korfmann also auf einem Irrweg? Der Archäologe, der seit
1988 eine persönlich an ihn gebundene Grabungslizenz des türkischen
Staates besitzt und seit Wochen wieder am Hisarlik arbeitet, weist Kolbs
Vorwürfe zurück. Derzeit würden Häusermauern der vom
Forscherkollegen zur Diskussion gestellten Unterstadt ausgegraben, so
Korfmann.
Um Troia wird wieder gekämpft - aber mit welchem Ziel? Immer
wieder wird hinter den Kulissen die von Korfmann ins Spiel gebrachte
"anatolische Prägung'' genannt. Korfmann, so der Verdacht, benütze
die Troia-Grabungen dazu, seinen Traum eines - auch von konkurrierenden
Kollegen angestrebten - Troia-Museums vor Ort zu realisieren. Die dafür
notwendige Rückendeckung des türkischen Staates verlange
entsprechende "politische'' Zuschreibungen. Der Expertenstreit hat offenkundig
einen sehr weltlichen Hintergrund.
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