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der Stuttgarter Zeitung vom 20.9.2001 |
Archäologie ist nicht nur für die Archäologen da. Was ist die EAA?Internationale Altertumsforscher tagen in der Esslinger Fachhochschule für Technik - Museum St. Dionys wieder zugänglich ESSLINGEN. Rechtzeitig zur Tagung der Vereinigung europäischer Archäologen (EAA), die gestern in Esslingen begonnen hat, ist auch die Neugestaltung des Grabungsmuseums unter St. Dionys fertig geworden. Von Dieter Kapff Für Esslingens Oberbürgermeister Jürgen Zieger ist "ein Herzenswunsch in Erfüllung gegangen''. Das alte Kryptenmuseum unter der Stadtkirche ist saniert und umgestaltet nun "wieder regelmäßig, wenn auch eingeschränkt'' für Besucher zugänglich. Fünf Mal in der Woche gibt es Führungen. Ein Faltblatt gibt nähere Auskunft. Der Präsident des Landesdenkmalamts, Dieter Planck, hat das Museum St. Dionys als Kernstück mittelalterlicher Archäologie und Esslinger Stadtgeschichte bezeichnet. Weit und breit gebe es nichts Vergleichbares. Planck erinnerte an die Ausgrabungen in der Stadtkirche in den frühen 60er Jahren unter Günther Fehring, mit denen damals die Mittelalterarchäologie im Lande begonnen hatte. Die Ergebnisse galten damals als Sensation. In Zusammenarbeit von Denkmalamt, Denkmalstiftung, Stadt und Kirche sind nun eine bessere Didaktik und Beleuchtung, Vitrinen und eine klare Wegeführung geschaffen worden. Der Ausgang mündet in der Sachsenkapelle und führt durch den Nordturm wieder ins Kirchenschiff zurück. Hartmut Schäfer, Referent für Mittelalterarchäologie beim Denkmalamt, erläuterte die zwei Sanierungsabschnitte, die sich über fünf Jahre hinzogen. Er wies auf die älteste Kircheninschrift östlich des Rheins hin und auf die Vitrinen mit Originalfunden unter dem südlichen Seitenschiff. Die Kirche, die sich bis ins 8. Jahrhundert zurückverfolgen lässt spiegele mit ihren zahlreichen Bauabschnitten die Entwicklung Esslingens wider. Nur der östlichste Teil der Apsis mit den einst außerhalb gelegenen Gräbern, ist nun nicht mehr öffentlich zugänglich. Der Grund: Besucher hatten dort immer wieder Knöchlein ausgebuddelt. Bis zum 23. September tagen in Esslingen gut 500 europäische Archäologen aus 25 Ländern. Esslingen wurde wegen seiner mittelalterarchäologischen Kulturdenkmale als erster Tagungsort in Mitteleuropa gewählt, obwohl die Stadt international relativ unbekannt ist. Das soll sich ändern, hofft OB Zieger. Die Tagung der EAA und die Archäologie generell ist für ihn ein Vehikel, Esslingen in der Welt bekannt zu machen. "Das Bekenntnis zu den Wurzel der Stadt wollen wir auch für das Stadtmarketing nutzen''. Die Mittelalterarchäologie, ist eines der Tagungsthemen. Allerding werden mehr Aspekte der Stadtplanung in den 31 Referaten und zehn Diskussionsforen in der Fachhochschule für Technik behandelt. Der EAA-Vorsitzende Professor Willem Willems aus den Niederlanden lobte Esslingens Engagement und hob hervor, daß Archäologie nicht nur für die Archäologen da sei. Danach handelt die Stadt. Für die Referate sind in begrenztem Umfang Hörerkarten beim Tagungsbüro erhältlich. Das Rahmenprogramm führt mehr als 100 öffentliche Veranstaltungen auf, von der Ausstellung "Stadt-Findung'' bis zu dem einzigartigen Filmfestival mit 60 Streifen im Kommunalen Kino. Das Cafe Wintergarten ist Treffpunkt von Archäologen und interessierten Laien. Der Europa-Preis für Archäologie der EAA geht 2001 an den renommierten Luftbildarchäologen Otto Braasch aus Landshut für seine großen Verdienste auf diesem Sektor. Die European Association of Archaeologists (EAA) ist ein 1994 in Lubljana (Slowenien) gegründeter Verein, der inzwischen mehr als 1000 Mitglieder aus vielen Ländern Europas zählt. Der Beitritt ist frei, der Jahresbeitrag kostet 70 Euro. Damit, vor allem aber mit Spenden finanziert die EAA einen hauptamtlichen Generalsekretär, der derzeit im schwedischen Kungsbacka sitzt, und ein Vereinsorgan. Für ihre Jahrestagungen ist die EAA dagegen auf den jeweiligen Gastgeber angewiesen und auf Tagungsgebühren der Mitglieder. Diesmal hat sich erstmalig eine Stadt, Esslingen, stark engagiert. Der Verein, der kein Berufsverband der Archäologen ist, aber gern Ansprechpartner auf EU-Ebene sein will, vor allem auch, um Mittel aus den EU-Töpfen locker zu machen, will eine europäische Plattform zur Erörterung von Berufsfragen, aber auch des Austauschs wissenschaftlicher Ergebnisse und der Diskussion methodischer Ansätze des Fachs sein und die osteuropäischen Kollegen in die wissenschaftliche Gemeinschaft einbinden. Er setzt sich für die Erhaltung von archäologischen Kulturgütern ein und vergibt auch einen nicht dotierten European Archaeological Heritage Prize. dka
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