|
|
Repräsentative Wohnlage
wichtiger als Schutz
Ausstellung über alamannische Höhensiedlungen im
Freiburger Colombi-Schlössle - Wissenschaftler streiten noch
darüber FREIBURG. Die Mächtigen wollen hoch hinaus.
Die Burgen des Mittelalters dokumentieren dies ebenso wie die keltischen
Fürstensitze. Was ist mit den frühen Alamannen? Eine Ausstellung in
Freiburg gibt nun Aufschluss.
Von Dieter Kapff
Ganze 60
Stück frühalamannischer Höhensiedlungen sind uns heute bekannt.
Freilich sind nur wenige davon auch von Archäologen näher untersucht.
Der Runde Berg bei Bad Urach (Kreis Reutlingen) gehört dazu und der
Zähringer Burgberg bei Gundelfingen (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald). Die
verhältnismäßig große Zahl solcher Höhensiedlungen
des 4. und 5. Jahrhunderts lässt die Archäologen freilich daran
zweifeln, dass es sich dabei stets um Sitze hochrangiger germanischer Adeliger
gehandelt hat. Die Ausstellung "Herrschaft von der Höhe", die noch bis zum
1. April 2002 im Colombi-Schlössle in Freiburg zu sehen ist,
präsentiert vier solcher Orte an Hoch- und Oberrhein und differenziert das
Bild.
Kein Zweifel, der Runde Berg auf der Schwäbischen Alb ist
wirklich ein frühalamannischer Fürstensitz gewesen. Die
archäologischen Ausgrabungen und die Funde belegen dies eindeutig.
Ähnliches kann man auch vom Zähringer Burgberg sagen, der seinen
Namen von der Stammburg der Zähringer hat. Jahrhunderte zuvor schon hatte
einer der germanischen Kleinkönige hier seine Residenz geplant. Sie wurde
nie fertig. Kein Wunder: Es war ein ungeheuerer Aufwand an Personal und Arbeit
nötig, um auf dem Berg eine künstliche, 3,5 Hektar große
Terrasse für die Siedlung anzulegen. Nach Berechnungen der Wissenschaftler
sind dafür 200 000 Kubikmeter Steine gebrochen und verbaut
worden
Anders sieht es auf dem Geißkopf bei Berghaupten im
Ortenaukreis aus. Dort haben die Archäologen fast nur Spuren von
Militär und von zum Militärwesen gehörenden Handwerkern
entdeckt. Die Exponate in der Ausstellung im Freiburger Museum für Ur- und
Frühgeschichte lassen keinen anderen Schluss zu. Es scheint sich um ein
eher kurzfristiges Heerlager germanischer Scharen gehandelt zu haben. Ganz
anders die Lesefunde vom Kügeleskopf über Schloss Ortenberg, am
benachbarten nördlichen Rand des Kinzigtals. Dort, wo die Berghänge
steiler und für eine Verteidigung günstiger waren, kamen Funde einer
alamannischen Zivilsiedlung zum Vorschein. Dort haben Krieger mit ihren Frauen
und Kindern gelebt. Schließlich sind jüngst bei Rheinfelden-Herten
(Kreis Lörrach) am Hochrhein auf dem von einer mittelalterlichen Burg
bekrönten Hertenberg spätrömische/frühalamannische Funde
entdeckt worden.
Über Charakter und Funktion dieser
Höhensiedlungen streiten sich noch die Gelehrten. Eine herausgehobene Lage
mit Blick weit übers Land entspräche dem
Repräsentationsbedürfnis des alamannischen Adels. Das war wohl
manchmal wichtiger als der Schutz, den steile Berghänge zu bieten
vermögen. Mit Wällen oder Mauern haben die alamannischen Krieger ihr
Lager nicht geschützt. Daran lassen sich also militärisch orientierte
Anlagen nicht erkennen und von Adelssitzen oder Zivilsiedlungen nicht
unterscheiden.
Auffällig ist die strategisch günstige Lage
dieser frühalamannischen Höhensiedlungen. Geißkopf und
Kügeleskopf flankieren den Eingang ins Kinzigtal und kontrollieren damit
die wichtige Verbindung vom Rhein über den Schwarzwald zum Neckar.
Außerdem liegen alle vier Stützpunkte römischen Kastellen
gegenüber. Professor Heiko Steuer vom Institut für Ur- und
Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters an der
Universität Freiburg, mit dessen Hilfe die Ausstellung entstand, glaubt
deshalb, dass diese Höhensiedlungen militärische Gegenpositionen der
Alamannen waren, von denen aus sie die Römer diesseits und jenseits des
Rheins im Schach halten konnten. Steuers Kollege vom Institut für
Provinzialrömische Archäologie, Professor Hans Ulrich Nuber,
hält sie dagegen für Stützpunkte von mit den Römern
verbündeten germanischen Truppen, die die Rheinebene gegen Angriffe der
Alamannen aus dem Osten schützen sollten.
Vielleicht haben beide
Wissenschaftler Recht. Denn Schriftquellen berichten von einem ständigen
Wechsel von kriegerischer Auseinandersetzung und friedlichem Miteinander im 4.
Jahrhundert am Oberrhein. Wenn sich die Römer den Schutz durch die
germanischen Heerscharen ordentlich etwas kosten ließen, waren die
Alamannen auf den Höhensiedlungen Verbündete, wenn nicht, fielen sie
plündernd und raubend ins Römerreich ein. Typisch römisches
Kulturgut ist im Museum ebenfalls zu sehen.
Im Colombi-Schlössle
bis zum 1. April 2002. Öffnungszeiten sind dienstags bis sonntags von 10
bis 17 Uhr (Telefon 07 61/ 201 25 71) 03.01.2002 - aktualisiert:
03.01.2002, 05:34 Uhr |