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Region Stuttgart 18.9.1998



Dem Keltenfürsten auf den Fersen

Rund um das Museum in Hochdorf tut sich viel: Wie lebten die Menschen damals?

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Eberdingen - Ums Grab des Keltenfürsten, das Besucher aus aller Welt in die Ludwigsburger Kommune lockt, tut sich was: Am Fuß des Grabhügels graben Archäologen. Unweit davon entsteht neben dem Museum ein keltisches Gehöft samt Palisadenzaun.

VON LOTTE SCHNEDLER

Die Archäologen sind auf der Suche nach der keltischen Siedlung, die zur Zeit des Keltenfürsten bestand: Er wurde 550 v. Chr. bestattet. Sein Grabhügel, kreisförmig mit rund 60 Meter Durchmesser samt reich ausgestatteter Grabkammer angelegt, zeugt von seiner Macht und seinem Reichtum. Der Hügel wurde 1977 entdeckt, 1978 ausgegraben und später wieder aufgeschüttet. Wahrscheinlich lebte der Fürst auf dem Hohenasperg, "zumindest im Winter, während er im Sommer auf seinem Landsitz weilte'', so Chefarchäologe Jörg Biel vom Landesdenkmalamt. Der Landsitz samt keltischer Siedlung lag wohl unweit des Hohenaspergs: Das Fürstengrab ist nur rund zehn Kilometer entfernt. Biel ist sich sicher, daß es rund um das Grab eine Siedlung gab - nur haben die Archäologen sie noch nicht gefunden.

Gefunden haben sie aber am Fuße des Grabhügels Siedlungsreste der jungsteinzeitlichen Schussenrieder Kultur um 4000 v. Chr.: Die Gesellschaft für Vor- und Frühgeschichte in Württemberg und Hohenzollern hatte ihren Mitgliedern eine Lehrgrabung angeboten. Sie trugen nicht nur Erde ab, sondern stießen auch auf rund 6.000jährige jungsteinzeitliche Spuren. Auf viel jüngere keltische, zum Beispiel Opfergruben am Fuße des Fürstengrabhügels. Weil die Kelten festfreudig waren und auch Totenbestattungen gefeiert wurden, glaubt Jörg Biel, Feuerstellen mit Hitzesteinen für die damalige Bestattungsfeier gefunden zu haben: Haushuhn und -ente kannten die Kelten schon von den Griechen. Analysen sollen nun unter anderem an Hand der gefundenen Hitzesteine darüber Auskunft geben, ob man damit in den Gruben ein kleines Kalb oder ein Schwein garen konnte.

Was da rund ums keltische Fürstengrab in mühseliger Kleinarbeit ans Licht der Gegenwart gefördert wird, ist faszinierend und spannend. Die Wissenschaftler versuchen, ein Puzzle des damaligen Lebens zusammenzusetzen: Welche Landwirtschaft betrieben die Menschen? Wie wohnten, lebten, arbeiteten sie? Das will die Gemeinde Eberdingen auch in einem kleinen Freilichtmuseum verdeutlichen, das neben dem Keltenmuseum für rund 550.000 Mark entsteht. Vier Zimmermänner ziehen ein Holzhaus aus Eiche ohne Nägel hoch samt Strohdach. Es ist eine ABM-Maßnahme. Polnische Fachleute binden aus Stroh das Dach: Einweihung ist beim zweiten Keltenfest Ende Juni 1999.

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