Stuttgarter Zeitung sonstige Kreis-Seiten 22.10.1998



Immer noch gesucht: des Keltenfürsten Residenz

Riesengrabhügel steht auf altem Siedlungsgelände

EBERDINGEN-HOCHDORF. Über den toten Keltenfürsten von Hochdorf im Kreis Ludwigsburg hat die Untersuchung seines Grabhügels seit 1978 viele Erkenntnisse gebracht. Aber wie und wo hat er zu Lebzeiten gewohnt?

Von Dieter Kapff

Zu den späthallstattzeitlichen Fürstensitzen im Land zählt der Hohenasperg. Nicht ohne Grund. Es gibt Indizien dafür. Allerdings, archäologisch läßt sich dies nicht mehr beweisen. Als in der Renaissancezeit auf dem Berg eine württembergische Festung gebaut wurde, sind dabei so tiefgreifende Bodeneingriffe erfolgt, ist die Bergoberfläche so vollständig umgeformt worden, daß fast alle keltischen Spuren vernichtet wurden.
Wenn der Keltenfürst auf dem Hohenasperg residierte, warum hat er sich dann zehn Kilometer entfernt auf dem flachen Land bei Hochdorf beerdigen lassen? Trug der Asperg zu seiner Zeit noch gar keine Siedlung? Oder besaß der Fürst in Hochdorf eine Sommerresidenz, wo ihn der Tod ereilt hat? Den »Ausgräber des Fürsten«, dem Landesarchäologen Jörg Biel, beschäftigen solche Fragen seit langem. Er will die »Siedlungsdynamik des Kleinraumes« exemplarisch erkunden, wann und wo keltische Siedlungen entstanden, verlegt und wieder aufgegeben wurden.

Dorf beim Museum ist jünger

Nach Auswertung der Funde und Befunde der Ausgrabung im Gelände beim Keltenmuseum von Hochdorf ist nun klar, daß die dort freigelegte Siedlung um etwa vier Generationen jünger ist als der Riesengrabhügel. Es waren Kelten, die dort um 450 vor Christus lebten - und offenbar auf hohem Niveau, mit Fernhandelsbeziehungen in Europa. »Unseren« Keltenfürsten aber kannten sie allenfalls durch Erzählungen der Alten, die sich um den Grabhügel spannen.
Bei einer jetzt zu Ende gehenden Ausgrabung in unmittelbarer Nähe des Grabhügels wurde entdeckt, daß die monumentale Begräbnisstätte mitten auf einer keltischen Siedlungsfläche liegt. Das späthallstattzeitliche Dorf hat wenige datierbare Funde gebracht. Die Siedlung könnte deshalb älter sein, gleich alt oder jünger als das Fürstengrab. Wäre sie älter, könnte darin ein Vorfahr oder auch ein Vorgänger des Fürsten am Ende der mittleren Hallstattzeit oder am Beginn der Späthallstattzeit gelebt haben.
Sein Grabhügel mit einem Durchmesser von zehn Metern, der in diesem Jahr in der Nachbarschaft entdeckt wurde, ist deutlich kleiner gewesen. Von der nicht in den Erdboden eingetieften Grabkammer, dem Skelett und den Grabbeigaben ist nichts erhalten. Jahrhundertelanger Ackerbau hat alles zerstört. Nur die Reste eines Grabens, der den Hügel einst umgab, haben die Archäologen noch nachweisen können.

7000 Kubikmeter Erde bewegt

In der unmittelbaren Umgebung des Fürstengrabhügels sind ältere Siedlungsspuren bei der Aufschüttung des gewaltigen Hügels zerstört worden. 7000 Kubikmeter Erde mußten abgegraben werden, um den acht Meter hohen Hügel aufzuschütten. Von den Bauarbeitern und den Trauergästen gibt es dann wieder Spuren. Zum Beispiel Kellergruben, wo die Vorräte gelagert wurden, oder fünf metertiefe Feuergruben, in denen mit Hitzesteinen, die im Feuer auf über 500 Grad aufgeheizt waren, Schweine und andere Tiere gegart wurden. Biel bringt diese Garküchen in Verbindung mit den Totenfeierlichkeiten. Die Siedlungsspuren stammen aber nicht nur von der Feier und vom Hügelbau, sondern aus einem längeren Zeitraum.
In der Nachbarschaft gibt es noch vier weitere keltische Siedlungsstellen, deren zeitliche Einordnung aber unklar ist. So bleibt die Suche nach dem Wohnsitz des Keltenfürsten weiter spannend. Mit kleinen Grabungen, heuer war es eine Fläche von 50 mal 30 Meter, will man in den nächsten Jahren der Lösung näherkommen: Wie und wo hat der späthallstattzeitliche Keltenfürst gelebt und warum ist er gerade bei Hochdorf beerdigt worden? Ähnliche Fragen stellen sich übrigens auch für ein weiteres keltisches Machtzentrum, die Heuneburg.

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