Stuttgarter Zeitung sonstige Kreis-Seiten 9.11.1999



Aufbau des Keltengehöfts kommt gut voran

Brandkatastrophe vor einem Jahr kann Pläne für Hochdorfer Freilichtmuseum nicht stoppen

EBERDINGEN-HOCHDORF. Das Keltengehöft beim Museum in Hochdorf (Kreis Ludwigsburg) entsteht nach dem Brandanschlag vom Dezember 1998 erneut nach historischem Vorbild - so wie es vor einem Jahrzehnt in Hochdorf ausgegraben worden war.

Von Dieter Kapff

"Eine saubere Arbeit'', lobt der Direktor des Keltenmuseums, Tiberius Bader, die Arbeit der Renninger Zimmerleute, die seit dem Sommer das keltische Wohngebäude an der gleichen Stelle wieder aufbauen, wo die Brandruine abgebrochen worden war. Fast zu sauber und präzise, findet Bader, dem der rustikalere, grobschlägigere Vorgängerbau besser gefallen hat, der am 1. Advent vergangenen Jahres von einem Brandstifter angezündet worden war.

Ins Bild von den alten, urwüchsigen Kelten passt für manchen eben nicht, dass sie die Zimmermannskunst bereits perfekt beherrschten. Statt runder, kaum behauener, manchmal auch etwas krumm gewachsener Baumstämme bilden nun glatte Spaltbohlen die Wände des 140 Quadratmeter großen Bohlenständerbaus. Das Eichenholz stammt aus dem Gemeindewald.

Derzeit bringen die Renninger Zimmerleute die Latten auf den Dachsparren an. Danach kommen wieder die polnischen Arbeiter, die dann noch vor Winterbeginn das Dach mit Langstroh aus Roggen eindecken. Noch fehlt die Ausfuhrgenehmigung für das Stroh. Es sei in Deutschland nicht zu beschaffen, sagt der Museumsdirektor - oder jedenfalls nicht zu bezahlen.

Die Fachleute haben sich wieder für eine Dachdeckung mit Stroh entschieden, nachdem zeitweise auch eine Schindelbedachung erwogen worden war, für die es ein historisches Beispiel aus der Schweiz gibt. Schindeln sind weniger leicht zu entflammen - allerdings auch teurer.

Nebenan graben zwei ABM-Kräfte den Erdkeller. Er hat oben einen engen zylinderförmigen Schaft. Unten weitet sich die Röhre bis zu einem Durchmesser von knapp zwei Meter. In dem 1,2 Meter tiefen Erdkeller hatten die Kelten ihre Vorräte kühl und feucht gehalten. Kühlschränke oder begehbare, gemauerte Keller gab es um 450 vor Christus, als das Keltendorf errichtet wurde, noch nicht. Ein zeltförmiges Dach über der Kellergrubenöffnung verhinderte, dass der Regen die Vorräte aufweichte.

Ein ungewöhnliches Bauwerk ist der quadratische Speicherbau auf Stelzen. Ihm fehlen nur noch die Wände aus Haselrutengeflecht. Die sollen im Winter eingebaut werden, wenn wegen der Witterung andere Arbeiten an dem Keltengehöft nicht mehr möglich sind. Der Speicher steht auf vier Pfosten, vom Erdreich abgehoben. Das hat seinen Sinn: das hier gelagerte Getreide darf nicht nass werden und muss luftig gelagert werden. Außerdem verhindert die vom Boden abgehobene Bauweise, dass Mäuse und anderes Ungeziefer sich an dem Gelagerten gütlich tun können. Diese Konstruktionsweise hat sich jahrhundertelang, teilweise bis in die Neuzeit hinein bewährt.

Das Grubenhaus nebenan ist bereits im Sommer fertig gewesen. Tausende von Besuchern haben es während des traditionellen Keltenfests im August besichtigt. Das Haus steht in einer Grube - daher der Name - und war nicht zum Wohnen gedacht. Es war eine Werkstatt. Hier wurden handwerkliche Arbeiten verrichtet, die regensicher, windgeschützt und in nicht zu trockener Atmosphäre erledigt sein wollten. Hier haben die Kelten an großen Webstühlen ihre Tuche gewebt, für die sie in der alten Welt berühmt waren. Hier wurde Eisen verarbeitet und vieles andere.

Wie das zur Keltenzeit gemacht wurde, das soll ein Schmelzofen für die Metallverarbeitung veranschaulichen, dessen Aufstellung geplant ist. Ein Töpferofen erinnert an einen anderen wichtigen Handwerksbereich. Als dritter Ofen soll ein Backofen gebaut werden, in dem bei Veranstaltungen Brot gebacken werden kann. Pflanzen und Kräuter sollen in einem kleinen botanischen Garten beim Haus wachsen. Im großen Wohnhaus, das im Mittelpunkt des kleinen Freilichtmuseums steht, können auch bei Regenwetter Veranstaltungen stattfinden. Das keltische Gehöft soll bis zum Februar nächsten Jahres fertig sein - wenn Bürgermeister Rolf Fetzer in den Ruhestand geht.

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