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Vom beschaulichen Landsitz zur modernen UniversitätDie
Baugeschichte von Schloß Hohenheim - Führung durch Carl
Eugens Gemächer beim ,,Tag des offenen Denkmals''
VON GEORG FRIEDEL
Franziska von Hohenheim sprach gern vom ,,Schlößle''. Das
klingt bescheiden. In Wirklichkeit umfaßt Schloß Hohenheim
etwa 120.000 Kubikmeter umbauten Raum. Über Historie, Nutzung und
Sanierung des Prachtbaus berichtete Gerd-Steffen Köhler während
der Schloß-Führung beim ,,Tag des offenen Denkmals''.
Sanierung ist Sisyphusarbeit. Vor allem wenn man wie Köhler
Anfang der 60iger Jahre auf Schloß Hohenheim damit beginnt. Denn
das Jahrzehnt davor war für viele Baudenkmäler eine
ziemliche Katastrophe: ,,Da wurde manchmal mehr zerstört als im
Krieg'', berichtet der frühere Architekt beim Universitätsbauamt
in Hohenheim.
Manche von Köhlers Sanierungsgeschichten klingen spannender als
jede Abenteuer-Story: ,,Bei Dachreparaturen im Jahre 1967 brach ein
Zimmermann durch das morsche Gebälk in das östlich des
Balkonsaals gelegene, nicht genutzte Geschoß'', berichtet der
Hohenheim-Experte. Dem Handwerker sei zum Glück nichts passiert.
,,Doch groß war die Überraschung, als wir eine reich
stukkierte Decke und den umlaufenden Wandschmuck fanden'', berichtet Köhler.
Etwa 140 Jahre war diese Pracht verborgen geblieben. Das Bauamt der
Universität machte sich an die Sanierung. Die losen Putzteile
wurden abgenommen und eingelagert. So konnte rekonstruiert werden, was
unter den Wandflächen lange Zeit verborgen war.
Köhler führt die Besucher durchs Schloß. Von den großen
Gewölben im Keller wurde früher angenommen, sie seien
,,Reste einer mittelalterlichen Burg''. ,,Stimmt aber nicht'', sagt Köhler,
,,es waren barocke Pfeilergründungen mit Fundamentgewölben,
die für die Überbrückung des alten Burggrabens
gebraucht wurden.''
Weiter geht es nach oben in Carl Eugens ehemaliges Schlafgemach, von
dort in den Thouret-Raum und den früheren ,,Marmorsaal'' und
heutigen Balkonsaal. Doch was wie Marmor aussieht, ist in Wirklichkeit
Alabaster, erklärt der Schloßexperte den Besuchern. Alles
nur gekonnt imitiert. Der Hohenheimer Alabaster stammte zum großen
Teil aus Keupersteinbrüchen des Remstales. Vor 200 Jahren wurde
dort Gips abgebaut. 1970 kamen die Fundstellen bei einer
Reblandbereinigung wieder zum Vorschein, und der Balkonsaal konnte mit
Originalmaterial wieder restauriert werden.
Die Geschichte von Schloß Hohenheim beginnt mit Carl Eugen.
Nachdem er 1768 das Schloßgut Hohenheim als Lehen eingezogen
hatte, schenkt er die Anlage 1772 Franziska. Anders als bei den
barocken Prachtbauten in Ludwigsburg versucht er es hier bescheidener:
,,In Hohenheim plante er einen landwirtschaftlichen Musterbetrieb
aufzubauen'', berichtet Köhler. Als Carl Eugen 1795 starb, waren
die fürstlichen Zeiten auf Schloß Hohenheim endgültig
vorbei. Sein Bruder Ludwig Eugen, so Köhler, hatte keine
Interesse an Hohenheim. Außerdem schaffte er es, ,,die Hohe
Karlsschule und die Akademie mit einem Schlag zu streichen''.
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