STUTTGART 15.09.1997



Vom beschaulichen Landsitz zur modernen Universität

Die Baugeschichte von Schloß Hohenheim - Führung durch Carl Eugens Gemächer beim ,,Tag des offenen Denkmals''

VON GEORG FRIEDEL

Franziska von Hohenheim sprach gern vom ,,Schlößle''. Das klingt bescheiden. In Wirklichkeit umfaßt Schloß Hohenheim etwa 120.000 Kubikmeter umbauten Raum. Über Historie, Nutzung und Sanierung des Prachtbaus berichtete Gerd-Steffen Köhler während der Schloß-Führung beim ,,Tag des offenen Denkmals''.

Sanierung ist Sisyphusarbeit. Vor allem wenn man wie Köhler Anfang der 60iger Jahre auf Schloß Hohenheim damit beginnt. Denn das Jahrzehnt davor war für viele Baudenkmäler eine ziemliche Katastrophe: ,,Da wurde manchmal mehr zerstört als im Krieg'', berichtet der frühere Architekt beim Universitätsbauamt in Hohenheim.

Manche von Köhlers Sanierungsgeschichten klingen spannender als jede Abenteuer-Story: ,,Bei Dachreparaturen im Jahre 1967 brach ein Zimmermann durch das morsche Gebälk in das östlich des Balkonsaals gelegene, nicht genutzte Geschoß'', berichtet der Hohenheim-Experte. Dem Handwerker sei zum Glück nichts passiert. ,,Doch groß war die Überraschung, als wir eine reich stukkierte Decke und den umlaufenden Wandschmuck fanden'', berichtet Köhler. Etwa 140 Jahre war diese Pracht verborgen geblieben. Das Bauamt der Universität machte sich an die Sanierung. Die losen Putzteile wurden abgenommen und eingelagert. So konnte rekonstruiert werden, was unter den Wandflächen lange Zeit verborgen war.

Köhler führt die Besucher durchs Schloß. Von den großen Gewölben im Keller wurde früher angenommen, sie seien ,,Reste einer mittelalterlichen Burg''. ,,Stimmt aber nicht'', sagt Köhler, ,,es waren barocke Pfeilergründungen mit Fundamentgewölben, die für die Überbrückung des alten Burggrabens gebraucht wurden.''

Weiter geht es nach oben in Carl Eugens ehemaliges Schlafgemach, von dort in den Thouret-Raum und den früheren ,,Marmorsaal'' und heutigen Balkonsaal. Doch was wie Marmor aussieht, ist in Wirklichkeit Alabaster, erklärt der Schloßexperte den Besuchern. Alles nur gekonnt imitiert. Der Hohenheimer Alabaster stammte zum großen Teil aus Keupersteinbrüchen des Remstales. Vor 200 Jahren wurde dort Gips abgebaut. 1970 kamen die Fundstellen bei einer Reblandbereinigung wieder zum Vorschein, und der Balkonsaal konnte mit Originalmaterial wieder restauriert werden.

Die Geschichte von Schloß Hohenheim beginnt mit Carl Eugen. Nachdem er 1768 das Schloßgut Hohenheim als Lehen eingezogen hatte, schenkt er die Anlage 1772 Franziska. Anders als bei den barocken Prachtbauten in Ludwigsburg versucht er es hier bescheidener: ,,In Hohenheim plante er einen landwirtschaftlichen Musterbetrieb aufzubauen'', berichtet Köhler. Als Carl Eugen 1795 starb, waren die fürstlichen Zeiten auf Schloß Hohenheim endgültig vorbei. Sein Bruder Ludwig Eugen, so Köhler, hatte keine Interesse an Hohenheim. Außerdem schaffte er es, ,,die Hohe Karlsschule und die Akademie mit einem Schlag zu streichen''.

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