StZ sonstige Kreis-Seiten 06.09.1997



Haushaltsmittel sind erschöpft

Die Spatenwissenschaftler müssen nun Sponsoren suchen

Grabung in einer Steinzeitsiedlung bei Vaihingen vorerst beendet

VAIHINGEN/Enz, Kreis Ludwigsburg. Das Kind mit dem großen Schädel und den angewinkelten Beinen hat nicht lange gelebt. Mitarbeiter des Landesdenkmalamts haben jetzt das Skelett des Neugeborenen in dem 110. Hockergrab der bandkeramischen Siedlung bei Vaihingen/Enz gefunden. Seit 1994 werden auf einem über vier Hektar großen Gelände, das Teil eines künftigen Ensinger Gewerbegebietes ist, die Überreste einer jungsteinzeitlichen Siedlung ausgegraben. Dr. Rüdiger Krause, Leiter des Grabungs- und Forschungsprojekts in Vaihingen/Enz, bedauert, daß nun die europaweit bedeutende Ausgrabung der bandkeramischen Siedlung durch fehlende Haushaltsmittel vorerst beendet ist.

Damit das jungsteinzeitliche Dorf kein wissenschaftlicher Torso bleibt, befindet sich Spatenwissenschaftler Krause momentan auf der Suche nach Sponsoren. Bisher haben die Archäologen nur einen Teil des insgesamt acht Hektar großen Siedlungsplatzes freigelegt. Dafür wurden 2,5 Millionen Mark ausgegeben, berichtete Krause. Wenn jetzt die Grabungen für unbestimmte Zeit unterbrochen werden, besteht die Gefahr, daß der zweite Abschnitt der Siedlung, der sich südlich der Kreisstraße Illingen-Kleinglattbach befindet, durch die landwirtschaftliche Nutzung und die Erosion zerstört wird.

Zudem ist unklar, was die Stadt Vaihingen im kommenden Jahr an Kosten übernehmen wird. In den vergangenen Jahren hat die Kommune rund 150.000 Mark beigesteuert. Die Arbeit des Landesdenkmalamtes war bereits in diesem Jahr mit Einschränkungen verbunden. Um jedoch die Ausgrabungen weiterzuführen, will Grabungsleiter Krause 40000 Mark auftreiben.

Dabei gilt die jungsteinzeitliche Siedlung europaweit als eine bedeutende Ausgrabung. Bislang sind 45 Hausgrundrisse mit bis zu 30 Meter langen Holzbauten und 110 in Hockerlage bestatteten Skeletten gefunden worden. Die anthropologischen Untersuchungen der Skelette ergab, daß die im Dorfgraben bestatteten Menschen grazile, die in den Müllgruben des Dorfes entdeckten robustere Knochen hatten. dok

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