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Tag des
offenen Denkmals
Wo die Römer einst Wache schoben Beinahe wäre die Türe
des römischen Wachturms beim Murrhardter Ortsteil Grab am Tag des
offenen Denkmals zu geblieben, irgendjemand hatte das Schloß
verstopft. Ein Bolzenschneider half schließlich aus der
Bredouille, so daß jung und alt wie geplant am Sonntag einen Blick
ins Innere werfen konnten. Fast 400 Kulturdenkmale im ganzen Ländle
hatten gestern ihre sonst verschlossenen oder nur schwer zu öffnenden
Türen für Besucher weit offen.
Im Rems-Murr-Kreis war die Besichtigung von historischen Ortskernen
und Gebäuden in Schorndorf und Waiblingen im Angebot. An römischer
Historie Interessierte fanden auf den Höhen des schwäbischen
Waldes ihr Mekka, bei Führungen durch das Ortskastell in Welzheim
oder eben bei der Besichtigung des römischen Grenzwalls samt
rekonstruiertem Wachturm bei Grab.
Dort herrscht um die Mittagszeit Stille. Ähnlich dürften
wohl auch die Soldaten, die auf dem steinernen Turm ihren Dienst
versahen, die Gegend meist erlebt haben. Ein Quartett, das den Turm
schon im Oktober 1982 bei der Eröffnung bestiegen hat, ist
eigentlich auf der Suche nach dem Vesper, das der schwäbische
Albverein hier kredenzen soll. Schon wollen sich die vier enttäuscht
davon machen, da knirscht der Kies unter Siegfried Häfeles
forschem Schritt. Die Einladung des Forstamtsdirektors zu einem
Streifzug durch die Frühgeschichte nehmen die Wanderer gerne an.
Steinturm, Palisadenzaun, Wall und Graben, wie sie auf den 536 Meter
hohen Heidbuckel bei Grab nachgebaut sind, seinen vor allem in der
Zeit nach 100 nach Christus entstanden. Damals wurde der Limes noch
einmal ein Stück nach Westen verschoben, um den lebensnotwendigen
Zugang zu den Nahrungsquellen an der unteren Donau zu sichern.
80 beinahe schnurgerade Kilometer zwischen Miltenberg und Lorch
waren von etwa 900 Wachtürmen, ähnlich jenem in Grab,
gesichert. Etwa sieben Mann hätten so einen Turm jeweils für
ein bis zwei Wochen bewohnt, weiß Siegfried Häfele, immer
Ausschau haltend nach umherstreifendem, germanischem Gesindel. Der
Blick sei damals freilich freier gewesen, bis zum Nachbarturm hätte
man gucken können. Das war schließlich auch für die
Kommunikation äußerst wichtig. Verteidigt wurde das Bauwerk
wohl nur selten von seiner Besatzung, vermutet der Fostamtsdirektor.
Zwar sei die Mannschaft mit Lanzen bewaffnet gewesen, allerdings, so Häfele,
habe man ,,doch fast mehr Werkzeug gefunden''. Im Ernstfall waren
Holz- und Reisigstöße, die neben dem Turm aufgeschichtet
waren, weitaus wichtiger. Per Rauchzeichen konnte damit Verstärkung
aus dem nahegelegenen Murrhardter Kastell herbeigerufen werden. -
Inzwischen hat Günter Henschels selbstgebautes Modell die
Aufmerksamkeit der merklich angewachsenen Zuhörerschaft auf sich
gezogen. Vor und hinter den Palisaden hat er kämpfende
Plastikfiguren aufgestellt. ,,Wie 260, als die Alemannen den Limes überrannten'',
merkt ein Besucher an. Siegfried Häfele weiß auch da mehr:
Von ,,einer einzigen Schlacht'' könne da keine Rede sein. Die Römer
seien wohl eher verdrängt worden, vor allem auch weil sie intern
mehr mit Korruption und Machtkämpfen beschäftigt waren.
Vorbei war es mit den Römern im schwäbisch-fränkischen
Wald. Und so hätten sie es schließlich auch den Germanen zu
verdanken, wenn sie heute hier Pilze sammeln könnten, bemerkt der
Forstamtsdirektor augenzwinkernd. Weg, Weide, Wald und Wasser seien
bei ihnen nämlich gemeinschaftliche Güter gewesen im
Gegensatz zum römischen Recht. ,,Dann müssen sie uns jetzt
nur noch sagen, wo die Pilze sind'', kommentiert lachend eine
aufmerksame Zuhörerin mit Weidenkörbchen. fee
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