|
Internationale
Fachtagung in Ludwigsburg
Archive rüsten sich für die Datenfluten der Zukunft
Vierzig Experten aus Deutschland, der Schweiz und Österreich
beraten im Staatsarchiv über ¸¸Archivierung von
Unterlagen aus digitalen Systemen''
LUDWIGSBURG. Staatliche und kommunale Archive, kirchliche und
wissenschaftliche Sammelstätten stehen vor technischen und
strukturellen Problemen, deren endgültige Lösung heute
noch niemand ganz überblicken kann: Was machen die vielen
Archive, die sich seit Beginn ihrer Arbeit mit Pergament- und
Papierdokumenten beschäftigen, künftig mit der Flut von
digitalisierten Akten und Dokumenten, die in hundert oder fünfhundert
Jahren noch les- und verwertbar sein müssen? Auf Einladung
der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg tagen seit Montag
vormittag im Staatsarchiv Ludwigsburg vierzig Fachleute aus
Deutschland, der Schweiz und Österreich, um zwei Tage lang
Erfahrungen mit der ¸¸Archivierung von Unterlagen aus
digitalen Systemen'' auszutauschen. Initiiert wurde diese erstmals
in Ludwigsburg stattfindende Fachtagung von einem Arbeitskreis, in
dem sich Experten aus Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen
und aus dem Bundesarchiv in KoblenzumProblemlösungenbemühen.
Bisher bewegen sich die Sammelstätten im Lande noch auf
traditionellen Pfaden. Behörden und Gerichte geben wichtige
Akten, Pläne, Karten und Plakate in die Obhut des jeweils
zuständigen Staatsarchivs, das die Papiere konservatorisch
betreut, erschließt und für Benutzer zugänglich
macht. Der Tag ist absehbar, an dem die überstellten
Papierberge durch Datenfluten abgelöst werden, die via Kabel
den Sammelstätten zufließen.
Bisher haben die Archivare nur in begrenzten Umfang bei der
Steuerung des Aktenflusses von den Behörden in die Magazine
mitgewirkt. Das digitale Zeitalter fordert engere Zusammenarbeit
zwischen Behörden, die Daten produzieren, und Archiven, die
sie verwalten müssen. Wer heute in Rathäusern und Behördenstuben
auf EDV- Systeme umstellt, denkt in erster Linie daran, die
aktuellen Arbeitsgänge effizienter zu gestalten. An die
Zukunft denkt niemand: Die Daten aus den unterschiedlichen EDV-
Systemen sind nur in seltenen Fällen so zusammenzuführen,
daß man sie langfristig als Archivmaterial nutzen kann.
Ein Beispiel, das die Fachleute seit längerer Zeit bewegt:
Das gute alte Grundbuch, jahrzehntelang fein säuberlich und
weitgehend fälschungssicher auf Papier geführt, soll vom
Jahre 2004 an nur noch digital erstellt werden. Die Staatsarchive,
die später einmal diese Daten für alle Zeiten
aufbewahren und pflegen müssen, warten nicht geduldig ab, bis
man ihnen im Jahre 2010 die ersten digitalen Grundbucheintragungen
in unterschiedlichen Formaten zuspielt. Die Archivare arbeiten
jetzt schon mit den Grundbuchämtern zusammen, um eine Methode
zu erarbeiten, die bereits die Erstellung der Daten auf die spätere
Archivierung abstimmt. Ähnliche Kooperationen gibt es auch
mit anderen Arbeitsfeldern der Verwaltung.
Ziel der Archivare ist es, für alle Behörden, mit
denen sie zusammenarbeiten müssen, eine Infrastruktur
aufzubauen, die es ermöglicht, daß die Daten für
die spätere Archivierung rechtzeitig standardisiert werden.
Dafür müssen bei den unterschiedlichen EDV-Systemen der
Behörden sogenannte Schnittstellen eingerichtet werden, die
den Export der Daten in Großrechnern ermöglichen,
welche speziell auf die Belange der Archive ausgerichtet sind.
Doch damit haben die Archivare noch längst nicht für
alle Zeiten ausgesorgt. Die ständige Weiterentwicklung von
Soft- und Hardware und der digitalen Speichermedien zwingt sie zu
aufwendiger Datenpflege.
Sollen die Archivalien auch in dreihundert Jahren noch nutzbar
sein, müssen digitalisierte Akten und Urkunden alle paar
Jahre auf neue Datenträger kopiert, in neue Formate
konvertiert und manche von ihnen aus Sicherheitsgründen sogar
alle fünf Jahre mit neuen EDV-Signaturen versehen werden, was
die Archive der Zukunft vor gewaltige Datenmengen stellt, die für
alle Zeiten beherrschbar bleiben müssen.orn
|