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Sanierung
zur 750-Jahr-Feier in Leonberg
Neue Farbe fürs Rathaus
Bis Mai soll das mittelalterliche Fachwerk auf Vordermann
gebracht sein
LEONBERG. Leonbergs Bürger müssen sich umstellen. Ihr
Altes Rathaus, das im Mittelalter gebaut worden war, wird bald
neue Farben tragen. Das bislang mehr in dunklem Rotbraun zu
bewundernde Fachwerk wird alsbald ¸¸in einer Art
Goldocker'' auf sich aufmerksam machen, wie Guntram Kraus vom
Hochbauamt der Stadt bestätigt. Außerdem erhalten die
Giebelgefache einen blauen, die unteren Gefache einen schwarzen
Beistrich, der sich vom hellen Putzanstrich gut abhebt. Was noch
auffallen wird: Die vorhandenen Lamellen-Fensterläden werden
nicht mehr aufgehängt. ¸¸Die gab's damals nicht'',
blendet Kraus in die Entstehungsgeschichte des Alten Rathauses zurück
- schon gar nicht in der Ausführung mit Lamellen. Die
Fensterläden waren schon vor geraumer Zeit abgehängt und
im Bauhof eingelagert worden, weil sie mürbe und brüchig
geworden waren und ihr Herabfallen befürchtet wurde.
Die Neuigkeiten sind mit dem Landesdenkmalamt abgesprochen
worden. Von dort kam schließlich grünes Licht. Fürs
meiste Aufsehen sorgen wird sicherlich der neue Farbton des
Rathaus-Fachwerks. Das ¸¸Goldocker'' beschreibt Kraus
als ¸¸viel schöner'' im Vergleich zu ockerfarbigem
Fachwerk an anderen Altstadtgebäuden. So hatte die neue
Ocker-Farbe insbesondere an einem Fachwerkgebäude am
Marktplatz, das eine Bankfiliale beherbergt, vor Jahren zu einer
hitzigen öffentlichen Debatte über die Ästhetik
neuer Farben geführt. Das plötzlich ins Gerede gekommene
Bank-Gebäude ist inzwischen von den Bürgern akzeptiert
worden, auch mit dem ungewohnten Ocker-Ton.
Vor gut zwanzig Jahren, so erinnert sich Christa Strecker, die
im Rathaus für Sanierung und Denkmalschutz zuständige
Frau, habe noch Braun als Fachwerk-Farbton in der Leonberger
Altstadt vorgeherrscht. Diese Ton hat seine Spuren auch bei den
Leonbergern hinterlassen. Neue Farbnuancen erscheinen demnach zunächst
als ungewohnt. Andererseits hat sie andernorts auch schon ¸¸graues
Fachwerk'', das in einem Verwitterungs-Ton gestrichen war,
bewundert. Und in Tübingen ist ihr beispielsweise ¸¸weißes
Fachwerk'', das überkalkt war, aufgefallen.
¸¸Wir haben vier verschiedene Farbschichten
gefunden'', bestätigt Guntram Kraus, bei dem die Fäden für
die Sanierung des Alten Rathauses zusammenlaufen. Die Entscheidung
fiel schließlich für die Goldocker-Version. Die
Farbfunde im Giebelbereich haben auch Christa Strecker überrascht.
Rot und Blau fand sich dort als Beistrich, sozusagen die farbige
Einfassung der Gefache. ¸¸War schon frech'', beschreibt
sie die frühere Farbwirkung. Immerhin seien es ¸¸kräftige
Töne wie bei der französischen Nationalflagge'' gewesen.
Andererseits passe diese Farbgebung ¸¸nicht so richtig
zum barocken Befund''.
Bis Mai dieses Jahres soll das derzeit noch rundum eingerüstete
und somit vor neugierigen Blicken abgeschirmte Alte Rathaus in
neuer Farbe strahlen. Die Vorgabe für die rund 1,1 Millionen
Mark teure Sanierung war klar: das Alte Rathaus muß zum
Beginn der 750-Jahr-Feier fertig sein. Somit haben die Handwerker
notfalls noch einen Puffer, denn die offiziellen Feiern beginnen
erst im Juli, das Finale ist für den Februar des nächsten
Jahres vorgesehen. Da es unterschiedliche Urkunden für die
erste Nennung der Stadt gibt, feiert Leonberg sowohl in diesem als
auch im nächsten Jahr.
Das Alte Rathaus war etwa 1480 als spätmittelalterlicher
Bau fertiggestellt worden. Fachleute loben das teilweise noch
sichtbare schöne alemannische Fachwerk und schwärmen von
der ¸¸Mannkonstruktion'' nebst ¸¸Verblattung'',
beides handwerkliche Kniffe, um die statischen Bauwerkskräfte
über die massive Holzbalkenkonstruktion abzuführen. Die
Verblattung wurde später verboten. Früher diente das
Rathaus nicht nur als Magistratssitz, sondern auch als Bürgerhaus,
Lagerschuppen und Kaufhaus. zel
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