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Geldmangel
und schwierige Planung
Stiftskirche wird erst nach Kirchentag 1999 renoviert
Baubeginn um fast ein Jahr verschoben - Dem Bauherrn fehlen noch
sieben Millionen Mark - Pfarrer befürchtet eine Blamage / Von
Christoph Link
Noch im März hatte der scheidende Stadtdekan Martin Klumpp
seine Haltung bekräftigt, das Bauvorhaben vor dem 28.
Deutschen Evangelischen Kirchentag im Juni 1999 in Stuttgart
durchzuziehen. Den 125.000 Kirchentagsbesuchern sollte eine
unfertige, jedoch teilrenovierte Stiftskirche präsentiert
werden. Der Baustellencharakter, so hieß es, habe für
die meist jungen Besucher seinen Reiz: Papphocker am Boden, aber
eine neue Decke mit guter Akustik, das war die Wunschvorstellung für
den Kirchentag. Wenige Wochen nach dem Wechsel Dekan Klumpps ins
Amt des Regionalprälaten rückte der Bauausschuß
der Gesamtkirchengemeinde von der Linie ab: Einstimmig hat er
beschlossen, mit den Renovierungsarbeiten erst nach dem Kirchentag
zu beginnen.
Bei einer Pressekonferenz führte die Kirchenleitung gestern
zwei Gründe für die Verschiebung der Renovierung um fast
ein Jahr an: Geldmangel und Zeitverlust. Die Abstimmungsprozesse
mit dem Landesdenkmalamt hätten zuviel Zeit gekostet, sagte
Wolfgang Everts, der Vorsitzende des Bauausschusses. Wenn nun im
Spätsommer mit dem Bau begonnen werde, sei das Risiko groß,
daß beim Kirchentag die Stiftskirche mit Gerüsten
vollgestellt und unbenutzbar sei. ¸¸Wir können
unsere Kirchentagsbesucher nicht in einer Bauruine empfangen, das
wäre eine Blamage für die Landeshauptstadt'', sagte
Stiftskirchenpfarrer Manfred Bittighofer.
¸¸Theoretisch hätten wir nach der Erteilung der
ersten Baugenehmigung im Frühjahr mit dem Bau beginnen können'',
sagte Kirchenpfleger Otto Specht, aber man habe noch ¸¸keine
Kostensicherheit'' gehabt. Und die besteht immer noch nicht. Laut
Specht belaufen sich die Kosten der Modernisierung samt
unterirdischen Gemeinderäumen und neuer Orgel auf 19
Millionen Mark. Ein Großteil ist durch Rücklagen und
kirchliche Zuschüsse gedeckt. Es fehlen noch Kostenzusagen
der Stadt Stuttgart und des Landes Baden-Württemberg für
freiwillige Zuschüsse in Höhe von insgesamt 3,5
Millionen Mark. Und es fehlen Spenden: Statt der veranschlagten
vier Millionen Mark Spenden sind erst 500.000 Mark gesammelt
worden, davon 150.000 Mark vom Orgelbauverein. Insgesamt fehlen
also sieben Millionen Mark. Der Architekt Bernhard Hirche erläuterte
dennoch seine Umbaupläne, mit denen eine bessere Akustik und
eine moderne Raumwirkung in die Stiftskirche gebracht werden soll.
Neu an der Planung ist, daß auf dem südlichen Vorplatz
der Kirche eine Kastanie gefällt werden soll, um Platz für
eine Glaspyramide zu schaffen. Sie soll den unterirdischen Nebenräumen
Tageslicht bringen. Medienpfarrer Helmut Liebs kritisierte, daß
zwei Fotos einer Ausstellung in der Stiftskirche von militanten
Befürwortern eines gotischen Wiederaufbaus zerstört
wurden. (...)
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