Stuttgarter Zeitung Kreis Esslingen 3.6.1998

 

Köngener Denkmalschutzprojekt wird immer teurer

Schloß strapaziert die Gemeindefinanzen

Bestandssanierung soll jetzt bis zum Jahresende abgeschlossen sein - Zeitpunkt für Nutzung steht in den Sternen

KÖNGEN. Die Tumben von Neuburg, einst Herren im Köngener Schloß, haben ihren bürgerlichen Nachfahren ein teures Erbe hinterlassen: Die Gemeinde, seit einigen Jahren Eignerin des ausgangs des 14. Jahrhunderts erstmals urkundlich erwähnten Herrensitzes am westlichen Rand des alten Ortskerns, muß ständig tiefer in ihr längst nicht mehr prall gefülltes Säckel greifen, um das alte Gemäuer zu sanieren. 15 bis 16 Millionen Mark sind für die Totalsanierung veranschlagt, auf mehr als sechs Millionen belaufen sich mittlerweile die geschätzten Kosten allein für die Sicherungssanierung, die einen weiteren Verfall des arg heruntergekommenen Gebäudes verhindern soll. Ursprünglich war dafür gut eine Million weniger veranschlagt, doch der alte Adelssitz hält für die Sanierer ständig neue Überraschungen bereit.

Jetzt mußte Köngens Rathauschef Hans Weil seine Ratsherren und -damen erneut um einen Nachschlag für das denkmalschützerische Großprojekt bitten: Die Wiederherstellung der 70 Fenster des Schlosses wird voraussichtlich um 70000 Mark teurer als vorgesehen, 15000 Mark mehr kosten die komplizierten Arbeiten am Außenputz, für die ein Bauphysiker engagiert werden soll. Billiger gehe es nicht, betonte Ortsbaumeister Georg Barner auf kritische Anfragen aus der Ratsrunde. Die Anbringung des Putzes sei eine diffizile Angelegenheit, bei der es auf die exakt richtige Mischung vor allem da ankomme, wo neuer Putz auf die alte Substanz aufgetragen wird. Sonst seien spätere Schäden nicht auszuschließen, berief sich Barner auf den Bauleiter, den Nürtinger Architekten Frank Hihn. Für die Sanierung der Fenster hätten nur zwei von sieben angesprochenen Unternehmen überhaupt ein Angebot abgegeben - auch wegen der schwierigen Aufgabenstellung, vermutet Barner. Schließlich gelte es einerseits, so viel alte Substanz wie möglich zu erhalten, andererseits aber auch mit Isolierglasscheiben modernen Wärmeschutzstandards zu genügen.

Bis zum Ende des Jahres, mutmaßt der Ortsbaumeister, werde die Grundsanierung abgeschlossen sein, das ist zwölf Monate später als vorgesehen. Die Verzögerung führt Barner auf den schlechten baulichen Zustand des Schlosses zurück, der sich in vollem Unfang erst bei der Sanierung herausgestellt habe. ¸¸Fast ein Wunder'' sei es nachträglich gesehen, daß das Gebäude überhaupt stehen geblieben sei.

Bis Ende kommenden Jahres soll sich das Schloß laut Barner ¸¸äußerlich wieder stimmig'' präsentieren. Der weitere Fortgang der Sanierung hängt davon ab, wie die Steuergelder bei der Gemeinde und die Zuschüsse des Landesdenkmalamts fließen. Pläne für die künftige Nutzung gibt es zuhauf: So soll der alte Rittersaal künftig für festliche Gelegenheiten genutzt werden, im Gewölbekeller sollen Jazzkonzerte, rustikale Abende oder Vortragsveranstaltungen stattfinden, und die frühere Kapelle könnte als Begegnungszentrum für das benachbarte Seniorenheim genutzt werden. Das obere Geschoß des Schlosses will die Gemeinde als Büros für Freiberufler vermieten.zir