Stuttgarter Zeitung Kreis Ludwigsburg 5.6.1998

 

Sanierung des Murrübergangs

Älteste Brücke ist Teil des Stadtbildes

STEINHEIM/Murr. Feuchte Pfeiler, bröckelnder Mörtel, aufgetriebene Randstreifen, ein poröser Belag, bauchige Mauerauswölbungen: der Bauzustand der ältesten Steinheimer Murrbrücke ist in den vergangenen Jahren zunehmend schlechter geworden. Mehr als eine Million Mark gibt die Stadt nun aus, um die alte Brücke zu retten, die seit Anfang der 17. Jahrhunderts zum historischen Stadtbild gehört und immer noch eine wichtige Verbindung zum Wohngebiet und zu den landwirtschaftlichen Anwesen auf der anderen Murrseite darstellt.

Die Betonarbeiten am neueren Teil des Flußübergangs sind weitgehend abgeschlossen. Die aufwendige Sanierung des historischen Brückenteils ist in Arbeit. Nach dem Zeitplan des Stadtbauamtes sollen die Bauarbeiten bis zum September beendet sein.

Schon Mitte der achtziger Jahre sind Fachleute bei einer Überprüfung der Brücke zu dem Ergebnis gekommen, daß sich besonders der alte Teil in einem recht schlechten baulichen Zustand befindet und dringend saniert werden muß. Damals wäre man möglicherweise mit einem Betrag von etwa 600000 Mark ausgekommen. Seitdem hat sich der Zustand der Brücke trotz mancher aufwendiger Pflegearbeiten so weit verschlechtert, daß eine grundlegende Sanierung nicht länger hinausgeschoben werden konnte.

Die Ursprünge der steinernen Bogenbrücke gehen auf das Jahr 1603 zurück. Damals ließ der umtriebige Schultheiß Hans Trautwein eine für diese Zeiten äußerst solide Brücke bauen, die durch immer wiederkehrende Hochwasser der Murr enorm großen Beanspruchungen ausgesetzt war, und zwar besonders im Winter, wenn öfter größere Eismassen gegen den Unter- und den Oberbau des Bauwerks geschoben wurden.

Allein im Jahre 1795 gab es laut Chronik 19 Mal Hochwasseralarm an der Murr. Im folgenden kalten Winter 1796 waren die Eismassen der hochwasserführenden Murr so mächtig, daß die Hälfte der steinernen Murrbrücke durch den Eisgang weggerissen wurde. Eine vermeintlich kostengünstige Holzkonstruktion, die nach jedem Hochwasser hohe Reparaturkosten erforderte, wurde schließlich als Ersatz über die Murr geschlagen.

Außer bei Hochwasser sorgte dieser Flußübergang Ende des Zweiten Weltkriegs für Aufsehen. Am 20. April 1945, einen Tag bevor amerikanische Truppen in Steinheim einmarschierten, versuchte die deutsche Wehrmacht durch eine Sprengung der Murrbrücke noch einen Beitrag zum sogenannten Endsieg zu leisten. Anfang der fünfziger Jahre wurden die Reste der historischen Bogenbrücke, die auf der Nordseite erhalten geblieben sind, zum südlichen Ufer durch eine Betonbrücke ergänzt.

Bei der jetzt vorgenommenen Sanierung wurden die Brückenpfeiler auf den neuesten technischen Stand gebracht, ebenso die Widerlager und der Brückenaufbau des 45 Jahre alten Teils. Schwieriger gestaltet sich die Sanierung der historischen Teile, die in den vergangenen 395 Jahren keine grundlegende Erneuerung erfahren haben. Der Mörtel zwischen den Natursteinen wird ersetzt, es gibt einen neuen Brückenbelag, die Brüstungen werden auf die heute vorgeschriebene Höhe aufgemauert, und die Brückenkanzel wird wieder standsicher. Auch wenn das Landesdenkmalamt bei der Erhöhung der Brüstungen gerne eine andere Konstruktion gesehen hätte, die Steinheimer glauben mit ihrem Sanierungskonzept dem Bild ihrer ältesten Steinbrücke und ihrer praktischen Nutzbarkeit den besten Dienst zu erweisen. orn