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Bußgelder für Abriß der Schnepple-Fassade
Geldstrafen für Eigentümergemeinschaft und Bauleiter
wegen Zerstörung der historisch wertvollen Fassade
LUDWIGSBURG. Wegen fahrlässigen Verstoßes gegen das
Denkmalschutzgesetz hat das Ludwigsburger Amtsgericht gestern
einen Bauherrn und einen Bauleiter zur Zahlung von Bußgeldern
verurteilt. Beide sind nach dem Urteil des Gerichts dafür
mitverantwortlich, daß im Januar 1997 ohne behördliche
Genehmigung die historische Fassade des früheren Weinhauses
Schnepple am Marktplatz 12 eingerissen worden ist. Die Stadt
Ludwigsburg hatte die ,,widerrechtliche Handlungsweise'' mit drei
Bußgeldbescheiden gegen ein Mitglied der Eigentümergemeinschaft,
den bauleitenden Architekten und den Bauunternehmer geahndet. Die
drei sollten insgesamt 60000 Mark bezahlen. Während der
Bauunternehmer, durch dessen Bagger die Fassade gefallen ist, das
Bußgeld bezahlt hat, gingen die beiden anderen
Verantwortlichen vor den Kadi. Nach dem gestern gesprochenen
Urteil muß der als Vertreter der Eigentümergemeinschaft
aufgetretene Architekt 20000 Mark bezahlen, der Bauleiter ist mit
15000 Mark dabei. Das sind jeweils 5000 Mark weniger, als die
Stadt in ihren Bescheiden festgesetzt hatte.
Der Prozeßverlauf war wie das Hinabsteigen einer
hierarchischen Leiter: Zuerst versuchten Bauherr und Bauleiter
einem von ihnen zeitweise als Bauleiter eingesetzten Selbständigen
den Schwarzen Peter in die Schuhe zu schieben. Dann sollte der
Freiberger Abrißunternehmer schuld am Fall der wertvollen
Fassade sein, und eigentlich - so deutete einer der Verteidiger in
seinem Plädoyer an - könnte doch auch der Baggerführer
die Ostwand des Schnepple-Hauses umgeworfen haben. Mit dem Verweis
darauf, daß ihre Mandanten keinerlei Verantwortung für
die unsachgemäße Durchführung des Bauvorhabens
getragen hätten, hatten beide Verteidiger auf Freispruch plädiert.
Die Richterin hielt jedoch die beiden Ludwigsburger für
verantwortlich: Zum Zeitpunkt des Einsturzes der Fassade habe der
eine eindeutig die Gemeinschaft bürgerlichen Rechts Schnepple
vertreten, und der andere habe sich zum Zeitpunkt des illegalen
Abrisses in Bauleiterfunktion befunden.
Stadtverwaltung und Staatsanwaltschaft waren ursprünglich
davon ausgegangen, daß es sich beim Fall der
Schnepple-Fassade um denkmalschutzrechtliche Verstöße
in besonders schwerer Form handelt. Dann wären Bußgelder
bis zu 500000 Mark möglich gewesen. Nachdem das Gericht von
den besonders schweren Fällen Abstand genommen hatte, blieb
noch ein Bußgeldrahmen bis zu 100000 Mark. Bei der Bemessung
der Bußgelder berücksichtigte die Richterin, daß
die beiden Angeklagten recht bescheidene Einkommen vorrechneten.
Der Staatsanwalt, der die Bußgeldforderungen der Stadt befürwortete,
kam zu dem Schluß, daß mit dem Abriß ganz
einfach das Genehmigungsverfahren abgekürzt werden sollte,
das seit dem ersten Baugesuch 1993 den Antragstellern einen ¸¸steinigen
Weg'' bereitet hatte. Außerdem, so die Schlußfolgerung
des Staatsanwalts, wäre es aus Sicht der Bauherren teurer
geworden, die Wand instand zu setzen, als sie einfach umzuwerfen
und neu zu bauen.
Der Freiberger Unternehmer, der behauptete, eine eindeutige
Anweisung zum Abbruch bekommen zu haben, hat sein Bußgeld
der Stadt überwiesen. Auf die Frage der Richterin, warum er
bezahlt habe, antwortete der Mann: ¸¸Ich habe gedacht,
das Geld hol' ich mir vom Architekten wieder.'' rom/StZ |