Stuttgarter Zeitung Stuttgart 16.6.1998

 

Sanierung hat begonnen

"Der Ochsen wird ein Schmuckstück"

Auf diesen Moment haben die Obertürkheimer lange gewartet. Endlich hat die Renovierung des Ochsens, der Traditionsgaststätte im Zentrum, begonnen. Damit kommt die vor mehr als 20 Jahren gestartete Ortskernsanierung zum Abschluß. ¸¸Die Warterei hat nun ein Ende'', freut sich Bezirksvorsteher Gerhard Dickert. ¸¸Der Ochsen wird sicher ein Schmuckstück.''

Um das Schicksal des Gebäudes ist lange gerungen worden. Seit den 60er Jahren, so Dickert, wurde in das einst schmucke und mehr als 400 Jahre alte Bauwerk kaum investiert. An der Fassade und den Innenräumen nagte der Zahn der Zeit. Der Vorbesitzer wollte den Ochsen nicht auf eigene Kosten aufmöbeln. Er hoffte, ihn im Tausch gegen eine andere Gaststätte der Stadt überlassen zu können. Diese erwarb das Gebäude schließlich, um es im Dezember 1996 an die Feuerbacher Immobiliengesellschaft Nanz und Partner zu veräußern. Sie wird in den kommenden zwölf Monaten aus der Gaststätte ein Wohn- und Geschäftshaus machen. Acht Eigentumswohnungen und zwei gewerbliche Bereiche im Erdgeschoß sind geplant. Auch ein örtlicher Zahnarzt will hier seine Patienten behandeln. ¸¸Wir konnten jetzt die Sanierung starten, weil die meisten Wohnungen nun verkauft sind'', sagt der Geschäftsführer der Immobiliengesellschaft, Jürgen Fischer.

Etwa drei Millionen Mark werde der Umbau kosten. Zirka ein Drittel davon steuert die Stadt aus Mitteln des Bund-Länder-Programms zur städtebaulichen Erneuerung bei.

Momentan wird das Gebäude ausgebeint. Das Dach kommt runter, Wände und Böden müssen teilweise wegen des neuen Zuschnitts entfernt werden. In den nächsten Tagen wird auch der Putz der Fassade abgeklopft. Darunter wird ein reich verziertes Renaissance-Fachwerk vermutet. Dessen Freilegung zumindest zur Augsburger Straße hin wünscht sich der Bezirksbeirat. Eine Entscheidung fällt aber erst in einigen Wochen, wenn das Landesdenkmalamt die Balken begutachtet hat.

Dickert hatte auch gehofft, daß eine neue Wirtschaft die alte Tradition belebt. Denn der Ochsen war lange Zeit das erste Haus am Platz. Schon eine Urkunde von 1551 erwähnt das Wirtshaus. 200 Jahre später erscheint es auf einer Zeichnung bereits in seiner heutigen Form. Später wurden Stallungen und Wirtschaftsräume angebaut. Dann soll das Haus als sogenannte Schildwirtschaft gedient haben. Die Kuriere und Pferde der Post haben sich hier gestärkt. Im 19. Jahrhundert wurde außerdem ein Tanzsaal im Obergeschoß eingerichtet.

¸¸Die Stadt hätte diesen Charakter des Gebäudes gerne erhalten'', sagt Hans-Reinhard Schäfer, Leiter des Amts für Stadterneuerung. Ein Weinlokal im Kellergewölbe sei ebenso ins Auge gefaßt worden wie die Einrichtung eines Cafés. Doch die Nachfrage war nicht entsprechend. Die Wohnungen im Obergeschoß wären dann nur schlecht zu vermarkten gewesen.rau