Alter Synagogenplatz soll Gedenkstätte werden
Tübinger Initiative will das Grundstück von Baufirma
kaufen - 1,5 Millionen Mark müssen zusammenkommen
mip. TÜBINGEN. Die Tübinger Initiative ¸¸Denkmal
Synagogenplatz'' fordert, daß das gesamte Grundstück,
auf dem früher das jüdische Gotteshaus stand, zu einem
Platz des Gedenkens und der Begegnung wird. Dazu soll das Grundstück
in attraktiver Lage einem Bauträger abgekauft werden, der
dort Neubauwohnungen erstellen will. Der Kaufpreis in Höhe
von etwa 1,5 Millionen Mark soll auf verschiedenen Wegen
zusammenkommen. So hat eine von Tübinger Professoren gegründete
Stiftung bereits positive Signale von Industriestiftungen
erhalten. Ein neuer Förderverein hat inzwischen
Spendenzusagen über eine höhere Summe vorliegen. Das
Landesdenkmalamt hat etwa 200 000 Mark in Aussicht gestellt.
Die Stadt Tübingen wird nun aufgefordert, mit Bürgschaften
zu helfen oder ein Ersatzgrundstück für den Investoren
zu finden. Verschiedene Kirchen haben ihre Unterstützung
zugesagt. Schließlich sind auch Tübinger Privatleute
daran interessiert, einzelne Quadratmeter des Grundstücks zu
kaufen und über einen Pachtvertrag für den künftigen
Gedenkplatz zur Verfügung zu stellen.
Bisher sehen die Planungen auf dem Gelände den Neubau eines
Wohnblocks vor. Doch vor kurzem haben , wie berichtet, Mitglieder
der Projektgruppe auf diesem Grundstück Fundamentreste der
1938 zerstörten Synagoge entdeckt. Der Bauträger Jürgen
Baumann hat bisher nicht grundsätzlich ausgeschlossen, den
Bau um einige Meter zu verschieben oder nach einem Verkauf des
Grundstücks auch ganz aufzugeben.
Allerdings drängt er auf eine schnelle Entscheidung bis
Ende Juni. Seine Argumente: Die Pläne seien rechtskräftig,
Kaufverträge über viele der insgesamt zwölf
Wohnungen bereits abgeschlossen. Zudem habe er schon einige
Abstriche an den Plänen gemacht, um die Fundamentreste zu
erhalten. Baumann hatte allerdings heftige Kritik ausgelöst,
weil er ohne Baufreigabe einen Teil der Fundamentreste abräumen
ließ.
Gegen eine schnelle Entscheidung wendet sich aber die
Projektgruppe. Sie fordert von der Stadt ein Moratorium, um ¸¸der
großen Lösung'', nämlich dem Erwerb des Grundstücks,
eine Chance zu geben. ¸¸Mit vier bis acht Wochen wäre
schon viel geholfen'' erklärte Martin Ulmer, der Sprecher der
Projektgruppe. Er sieht die Tübinger Bürger als
Nachkommen der Täter und Mitläufer der Nazi-Zeit. Sie
seien in der Pflicht, an die Geschichte der Tübinger Juden
und ihre Verfolgung bis hin zur Pogromnacht und Ermordung zu
erinnern und ein würdiges Gedenken zu schaffen. |