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Zur äußerst wirkungsvoll über dem Oberen Neckar gelegenen Stadtkrone Horbs gehört neben der Stiftskirche und dem Schurkenturm auch das ehemalige Kloster am Marktplatz 28. Der Stiftskirche am Nordhang talseitig vorgelagert, erhebt sich der auffallende Fachwerkbau steil auf markantem, ungleichmäßig sechseckigem Grundriß. Von den Einheimischen »Klösterle« genannt, geht das Gebäude auf ein Anwesen aus dem späten 13. Jahrhundert zurück. 1409 erwarben Franziskanerinnen dieses »Klösterle« und erweiterten es durch Landkauf. 1549, 15 Jahre nach Einführung der Reformation im umgebenden Württemberg und nochmals 1642 arrondierten die Nonnen ihren Besitz durch geschickten Gütertausch. Nun war der Orden vollends ein Machtfaktor in Horb.1700 erwarben die Franziskanerinnen noch das benachbarte Rotensteinsche Haus. Ihrem bisherigen Klosterkomplex war so ein stattlicher Flügel zugewachsen, in dem sie 1709 auch eine Josephskapelle einrichteten. Neben dem Kloster der Franziskanerinnen gab es, ebenfalls schon im 13. Jahrhundert, auch eines der Dominikanerinnen - Zeichen für die frühere Bedeutung der kleinen Stadt über dem Neckar, die Graf Rudolf III. von Hohenberg mitsamt seiner Grafschaft 1381 für 66.000 Goldgulden an Österreich verkaufte. So war Horb, bis es 1805 an Württemberg fiel, gewissermaßen eine gegenreformatorische Speerspitze im streng protestantischen Altwürttemberg. Von daher erklärt sich auch das kulturpolitische Gewicht des Franziskanerinnenklosters. Allerdings erwies sich die geistliche Anlage schon schnell als derart baufällig, daß sich die Nonnen dieses äußersten vorderösterreichischen Vorpostens gezwungen sahen, bei Kaiserin Maria Theresia in Wien um eine Sammellizenz zur Erhaltung ihres klösterlichen Besitzes zu bitten. Viel Erfolg schien ihrem Ansinnen nicht beschieden. 1780 wurde das Kloster geschlossen und die Horber Niederlassung der Franziskanerinnen ins ebenfalls vorderösterreichische Rottenburg verlegt. Die "Immobilie" selber ging durch Verkauf an das Stift der benachbarten Kirche zum Heiligen Kreuz über. Zwei Chorherren und zwei Stiftskapläne nahmen jetzt Wohnung im ehemaligen Frauenkloster. Nach solch "präsäkularisatorischem" Vorspiel wurde es 1806, im Zuge der Säkularisation, an Privatleute veräußert und nun richtiggehend verweltlicht. Im Südflügel entstand das Wirtshaus »Ritter«, zu dem auch eine Brauerei gehörte. Hundert Jahre später, 1909, brannte dies gastronomische Anwesen bis auf die Grundmauern nieder. An Stelle des Südflügels wuchsen zwei prächtige, den Horbern liebgewordene Kastanienbäume, die den Platz vor der Stiftskirche wirksam einrahmen. Der erhalten gebliebene Nordflügel des »Klösterle« aber geriet in den Besitz der Stadt, die dort Wohnungen einrichtete. 1988 dann wurde dieser Trakt "aus statischen Gründen geräumt"; dem baufälligen Zeugen drohte, wie fast regelmäßig in solchen Fällen, der Abriß. Wie gut, daß das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg bereits seit Jahren sein Augenmerk auf das so eindrucksvolle wie desolate Gebäude gerichtet hat, die Denkmaleigenschaft im Sinne des Denkmalschutzgesetzes reklamiert und von der Stadt Horb als Eigentümerin ein langfristiges Sanierungskonzept gefordert hatte. Das war 1986 und seitdem ist die Korrespondenz zwischen Denkmalamt und Stadtverwaltung nicht mehr abgerissen. Im Herbst 1995 war es endlich soweit. Das Landesdenkmalamt bewilligte der Bürgerinitiative für den ersten Bauabschnitt fast eine Million Mark, die Denkmalstiftung Baden-Württemberg DM 400.000, was aber weitgehend zur "Aufrechterhaltung" des Baukörpers vonnöten war. In der Begründung hieß es damals, das Gebäude stamme in seinen ältesten Teilen schon aus dem 12. und 13. Jahrhundert; namentlich in den Jahren 1424 und 1656 seien bemerkenswerte Veränderungen im Inneren vorgenommen worden. Diese Ausbauten "mit stuckierten Decken und hölzernen Ausstattungsstücken" habe das Gebäude bis heute "in wesentlichen Teilen bewahren können". Doch, so das Landesdenkmalamt weiter, nicht nur um dieser inwendigen Pretiosen willen sei das ehemalige Franziskanerinnenkloster schützenswert, sondern "wegen der stadtgeschichtlichen Bedeutung" insgesamt. Die Auflage für den anstehenden zweiten Bauabschnitt war dann eine denkmalverträgliche Lösung "ohne Übernutzung" also etwa ohne Ausbau des Dach- und des zweiten Untergeschosses. Dieser Aufgabe nahm sich ein Förderverein an, der seit langem aus dem "Klösterle" ein Kulturzentrum schaffen wollte. Dazu war er aber, über die eigenen Mittel hinaus, dringend auf Zuschüsse der Denkmalstiftung Baden- Württemberg angewiesen. Im Jahr 1996 meldete die Ortszeitung dann erleichtert: "Endlich ist wieder Leben im Kloster" und berichtete von dramatischen Rettungsarbeiten an dem äußerst gefährdeten, ins Tal hinabzeigenden Mauerwinkel, den Nord- und Westwand miteinander eingehen. Auf komplizierteste Weise, mit Edelstahlankern und unterirdischen Betonkonstruktionen, wurde damals das Kloster gleichsam vor dem Absturz ins Bodenlose bewahrt. Auch archäologische Bestandsaufnahmen waren im Gange, wobei sich durch dendrochronologische Untersuchungen Bauholz aus dem Jahr 1227 feststellen ließ, eine Altersangabe, die den schriftlichen Quellen recht gut entspricht. »Dass ein Projekt dieser Größenordnung - Gesamtaufwand: 5,5 Millionen Mark - durch eine Privatinitiative realisiert wird, ist bislang einmalig in Baden-Württemberg. Der Verein zur Rettung des ehemaligen Franziskanerinnen Kloster, kurz: Förderveein Kloster, übernahm im Juni 1995 die "bürgerschaftliche Bauträgerschaft", um das stadtbildprägende Gebäude zu retten und wieder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Im Mai 2001 wird es offiziell seiner Bestimmung übergeben.«Michael Zerhusen im Nachrichtenblatt des Landesdenkmalamtes (bearbeitet:
01.07.2018 - 13:39) - Dies ist eine private Seite.
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