Stuttgarter Zeitung Kreis Esslingen 9.7.2000



Alamannisches Pferdegrab auf den Fildern gefunden

Eigentlich haben die Archäologen in Stetten nach der Südostecke der keltischen Viereckschanze gesucht. Vor knapp zwei Wochen sind sie bei ihrer Arbeit aber überraschenderweise auf Pferdeknochen aus alamannischer Zeit gestoßen.

Von Katja Schmidt

Bei den Volonteers, den ehrenamtlich engagierten Bürgern, herrscht Aufregung. Seit sechs Jahren graben die 25 Hobbyarchäologen nun schon auf den Feldern im Stettener Gewann Zeiläcker. Immer wieder haben interessante Funde aus Stein- und Eisenzeit, von Kelten, Römern und Merowingern ihren ehrenamtlichen Einsatz belohnt. Jetzt aber stehen sie vor einem Grabungsloch, dessen Inhalt auch die Fachleute des Landesdenkmalamtes doch sehr überrascht hat. Die hellbeigen Knochen lassen eindeutig ein Pferdeskelett erkennen.

Nur am Schädel hat der Bagger seine unsanften Spuren hinterlassen. Die Rippen dagegen liegen ordentlich nebeneinander, Vorder- und Hinterbeine sind in den Kniegelenken abgewinkelt. Das Pferd wurde in angehockter Stellung bestattet. Kaum ein Zahn fehlt in dem kräftigen Pferdegebiss, das nahezu makellos in den Himmel glänzt. "Die Zähne sind kaum abgenutzt, der Gaul wird wohl jung gestorben sein'', erklärt einer der Freizeitarchäologen fachmännisch.

Die Pferdeknochen ließen nur einen Schluss zu: Hier muss irgendwo auch noch ein Mensch liegen. Denn dass es sich bei dem Tier nicht um einen Ackergaul gehandelt haben kann, beweist die eiserne Trense, die nach anderthalb Jahrtausenden des Liegens nur etwas rostig aus dem Pferdemaul schaut. Vom kupfernen Zaumzeug zeugen nur noch die grünen Flecken am Schädel. "Ein Pferd war zu dieser Zeit ein Statussymbol'', erklärt Rüdiger Krause, Oberkonservator beim Landesdenkmalamt. "Wahrscheinlich war dies hier das Reittier von Adels- oder Hofherren aus der Gegend hier'', denkt Krause.

Mit der Vermutung, dass das Pferd nicht allein die vielen Jahrhunderte im Boden gelegen haben kann, lagen die Archäologen richtig. Etwa einen Meter neben dem Tiergrab haben die Volunteers das Skelett einer Frau gefunden. Krause schätzt, dass sie bei ihrem Tod etwa zwanzig Jahre alt gewesen sein muss. Die Knochen im oberen Körperbereich seien stark zerwühlt gewesen. "Bei den Alamannen war es durchaus üblich, die Gräber der Angehörigen nach einigen Jahren wieder zu öffnen, um die kostbaren Schmuckstücke herauszunehmen'', erklärt Krause.

Trotzdem haben die Freizeitarchäologen einen zweireihigen Holzkamm, zwei Fünfknopffibeln aus Bronze, eine Bernsteinperle und mehrere Metallschnallen aus dem Grab geholt. Mittlerweile machen sich die Ersten auch schon Gedanken über die Zukunft der Funde. "Wir wollen das Pferd im Ganzen bergen und mit den anderen Stücken im Stadtmuseum dauerhaft ausstellen'', sagt OB Wolfgang Fischer. Und Rüdiger Krause versichert, dass seine Behörde dagegen wohl nichts einwenden wird.


Das Projekt im Internet...
Atrikelübersicht


© Stuttgarter Zeitung online - Stuttgart Internet Regional GmbH, 2000