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der Stuttgarter Zeitung vom 19.11.2002 zur Übersicht |
Ein unermüdlicher Anwalt für DenkmaleLandeskonservator Franz Meckes geht in den Ruhestand - Engagement der Bürger genutzt Ein Herr über Burgen, Schlösser und schützenswerte Schwarzwaldhöfe: Franz Meckes. Er war Chef der Bau- und Kunstdenkmalpflege im Land. Wie kaum ein anderer hat er für seine Schützlinge gekämpft, häufig gewonnen, manchmal verloren. Jetzt hört der 61-Jährige auf. Von Martin Geier Ein Schmunzeln geht über sein Gesicht. Das kommt bei Franz Meckes selten vor. Wenn er spricht, dann ist es ihm ernst - und er spricht meist über ernste Angelegenheiten, seine Sorgenkinder nämlich, die Baudenkmale im Lande. Aber Meckes muss lächeln, wenn er sich daran erinnert, wie er mit dem Ravensburger Oberbürgermeister Herrmann Vogler im Gemeinderat saß und beide sich etwas langweilten. Sie ließen ihre Blicke schweifen, und beide sprachen gleichzeitig aus, was sie dachten: ein scheußlicher Sitzungssaal. Vogler wollte das Mobiliar entrümpeln, Meckes wollte zuerst einmal eine Innenarchitektin befragen. Resultat: der große Sitzungssaal wurde neu gegliedert, die Tische blieben, die alten Stühle wurden neu gepolstert, Vorhänge und Fenster aufgefrischt. Am Ende meinte Vogler, er habe zwar nicht bekommen, was er wollte, aber es gefalle ihm und der Gemeinderat und er fühlten sich gut aufgehoben. So ist und so war Franz Meckes, gemessen an seiner Funktion und der Denkmalvielfalt in Baden-Württemberg, der wichtigste Mann im Landesdenkmalamt. Aus gesundheitlichen Gründen ist er jetzt in den Ruhestand getreten. Ob in Ravensburg oder im Gemeinderat von Weil der Stadt, stets ging Meckes gut vorbereitet in solche Sitzungen. Der "Herrscher" über mehrere zehntausend Denkmale musste kommen, um den Räten klar zu machen, dass man nicht rekonstruieren könne, was nie existiert habe, auch wenn der Wunsch nach Ergänzung und Vervollkommnung noch so groß ist. Das ist wohl einer des Wesenszüge von Franz Meckes, den Dingen auf den Grund zu gehen und die Fragen und Nöte der Denkmaleigentümer nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Mit einfachen Lösungen hat sich Meckes schon als Gebietskonservator in Freiburg nicht zufrieden gegeben. Als in den 70er-Jahren vielen alten Schwarzwaldhöfen das Aus drohte, weil keine Krananlage oder Schwemmentmistung eingebaut werden konnte, ohne die Struktur des Denkmals zu zerstören und die Kosten unzumutbar hoch waren, fand er zusammen mit der Universität Karlsruhe eine praktikable Lösung, die auch für alle anderen Anwendung fand. Als bei Windgeschwindigkeiten von über 170 Stundenkilometern plötzlich die Dächer wegflogen, hat Meckes bei Porsche im Windkanal die Ursachen erforschen lassen: es fehlten Bäume, wie sie die Altvorderen noch vor dem Haus angepflanzt hatten. Bäume verwirbeln den Wind und mindern den Winddruck auf die Dachfläche. Leute wie Franz Meckes werden auch "Troubleshooter" genannt, Leute, die dazu geschaffen sind, Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen. So lautet Meckes" Standardfrage "Wo liegt das Problem?" Meckes dazu: "Es sind die unterschiedlichen Herausforderungen, die diesen Beruf und diese Aufgabe so spannend gemacht haben." Er nennt als Beispiel die Sauschwänzlebahn im Südschwarzwald bei Blumberg. Der in der Kaiserzeit errichtete Schienenstrang drohte in den 1980er-Jahren zu verschwinden, weil niemand mehr die sinnlos gewordenen Gleis-, Tunnel- und Brückenanlagen unterhalten wollte. Auf einem vom Stuttgarter Innenministerium eigens einberufenen Symposion erreichte er, dass die Bahn als Denkmal von besonderer nationaler Bedeutung eingestuft wurde und deshalb Bundesmittel für deren Sanierung flossen. Heute dampft das Sauschwänzle von Blumberg an die Schweizer Grenze und fährt Gewinn ein. Ob Blumberg, Linachtalbrücke, Wildbad, Trossingen oder Horb, immer zielte Meckes darauf ab, einen Partner zu finden. "Denn die Denkmale werden erhalten", sagt der ehemalige Landeskonservator, "wenn dies im öffentlichen Interesse ist." Dieses öffentliche Interesse kristallisierte sich meist in Bürgerinitiativen, bei deren Gründung Meckes oft Geburtshelfer spielte. Das erforderte ein Engagement, das während der normalen Dienstzeit gar nicht zu leisten war. Ob es der Kampf um das alte Trossinger Rathaus oder das Franziskanerinnenkloster in Horb war, die Beschäftigung mit dem Denkmal und die Motivation der Bürgerinitiativen dauerte oft Jahre. Ob Oberbürgermeister oder Privatmann, sie konfrontierten Meckes mit Vorliebe an Wochenenden mit ihren Problemen, weil man sie da scheinbar in aller Ruhe diskutieren könne. Meckes hatte den Satz verinnerlicht, den Generalfeldmarschall Helmut Moltke seinen Offizieren gesagt haben soll: Der Tag habe 24 Stunden, und wenn das nicht ausreiche, müsse man die Nacht dazunehmen. Meckes sieht sein Amt als Dienstleister und seine Funktion als Treuhänder und Anwalt der Kunstdenkmale. Für seine Partner war er ein vertrauenswürdiger und verlässlicher Partner. Als oberster Baudenkmalpfleger des Landes musste sich Meckes zwangsläufig mit den besonders schwierigen Fällen befassen, praktikable Lösungen mussten oft mühsam erarbeitet werden. Manchmal schien es, als machte ihm das Bohren dicker Bretter besondere Freude. "Das ist wie beim Chirurgen", sagt Meckes, "wenn man ein Skalpell in die Hand nimmt, übernimmt man auch die Verantwortung, dass der Eingriff gelingt." Ebenso hartnäckig hat der Landeskonservator Wünsche nach Wiederherstellung nicht mehr vorhandener Bauteile verweigert. Das ging im Fall des Klosters Neresheim sogar so weit, dass ihn der dortige Abt wütend vor die Tür setzte. Hartnäckig konnte Franz Meckes aber auch gegenüber seinem obersten Dienstherrn sein. Als das Staatsministerium signalisierte, dass es das dem Land gehörende historische Theater in Wildbad abreißen wolle, machte Meckes gegen diese Pläne mobil. Wie man weiß, erfolgreich. Der Staat habe Vorbildfunktion, sagte er. Er könne nicht jahrelang ein bedeutendes Denkmal verkommen lassen und anschließend sagen, er habe kein Geld für dessen Erhalt. 19.11.2002 - bearbeitet: 22.11.2002 |
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