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Die Stadtkirche und ihre Glasmalereien  (Fortsetzung)

Die Darstellung der Philosophen Plato und Aristoteles im Credofenster ist einzigartig in der deutschen Glasmalerei, ebenso wie der Tierzyklus, von dem nur zwei Scheiben mit Adler, Löwe, Pfau und Bock übrig sind. Diese außergewöhnlichen Themen deuten darauf hin, daß es 1280 in Esslingen Intellektuelle gibt, die das Bildprogramm, das die Stifter in Auftrag geben, beeinflussen.
Der Name Credofenster bezieht sich auf die den dargestellten Aposteln zugeordneten Glaubensartikel. Die Apostel sind neben Tugenden und Lastern in den mittleren Bahnen des Fensters zu sehen.

Credofenster, Speyer 1280
Plato Adler und Löwe
Plato Adler und Löwe
Im Mittelalter ist es üblich, gute und böse Tiere zu unterscheiden, ihnen menschliche Eigenschaften zuzuschreiben und diese Sinnbilder mit Bibelstellen in Verbindung zu bringen. Löwe und Adler verkörpern Stärke. Die Quelle dieser Tiersymbolik ist der Physiologus, ein Buch, das Zitate des Philosophen Aristoteles enthält. Deshalb wurden er und Plato dem Tierzyklus vorangestellt. Er bezeugt, daß in Esslingen mindestens ein Gelehrter lebt, der das einzigartige Bildprogramm entwirft und in Auftrag gibt. Vielleicht ist es der Arzt und Schriftsteller Trutwin.
Das Märtyrerfenster reiht Heilige und Märtyrer unter Baldachinen auf. Die Auswahl der Heiligen ist durch den örtlichen Festkalender und die Beziehung der Kirche zu Frankreich bestimmt, z. B. das Martyrium des Bischofs Leodegar von Autun. Das Fenster enthält auch Scheiben, die ursprünglich nicht dazugehörten: Reste aus einem Christuszyklus. Sie entstehen etwa 70 Jahre nach den Lampertus-Scheiben in Esslingen; ihre Gestaltung ist jedoch an die vorhandenen Glasmalereien angepaßt. Wahrscheinlich hat ein Unglück Teile der Verglasung zerstört, so daß neue Scheiben gebraucht wurden, die möglicherweise in derselben Werkstatt angefertigt werden wie das 1300 entstandene Marienfenster. Vielleicht ist der Meister dieser Werkstatt Konrad der Glaser, dessen Name aus Schriftstücken bekannt ist.
Das Christusfenster zeigt ebenfalls Szenen aus dem Leben Jesu. Während des Chorneubaus um 1300 entstehen in einer Esslinger Werkstatt weitere Scheiben, die mit den eingelagerten des Lampertus in die Chorfenster eingesetzt werden. Die äußeren Bahnen sind wie im Credofenster Ornamentscheiben aus der Franziskanerkirche, die 1899 hierher versetzt werden. Die Glasscheiben dieser Kirche hat man jahrhundertelang benutzt, um damit schadhafte Stellen der Fenster in St. Dionys zu reparieren.
Auch das Marienfenster ist nicht vollständig erhalten und mit modernen Scheiben ergänzt. Es zeigt Maria und beliebte Heilige: Agnes, Margaretha und Katharina, ferner Propheten, Apostel und den ersten Kirchenpatron Vitalis. Die Gestaltung spricht für seine Entstehung um 1300 in Esslingen. Die Figuren stehen unter Baldachinen. Diese Statuenreihung erinnert an das Programm von Kathedralportalen.
In einem weiteren Fenster befindet sich ein Marienzyklus-Fragment. Die Farbverglasung des Maßwerks aller Chorfenster ist ebenso wie die des Langhauses verlorengegangen.
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