Am 12.September 1994 verunglückte mein Cousin Joachim tödlich mit einem Motorrad. | |
Passiert ist dies auf der regennassen B 257 bei Grafschaft-Esch, zwischen seinem Wohnort Bonn und Dümpelfeld in der Eifel, wo er als Redakteur im Reiner H. Nitschke-Verlag ("Radl-Magazin", "Tourenfahrer", "Motorradfahrer") arbeitete.
Trotz vorsichtiger Fahrweise ist er beim Wiedereinscheren nach dem Passieren eines langsamen Gespannes ins Schleudern geraten und gegen einen Leidplankenpfosten gerutscht, wo er u.a. ein Schädel-Hirn-Trauma sowie einen Genickbruch erlitt, und noch am Unfallort verstarb. Grund für den Sturz war ein drei Jahre zuvor verschlimmbesserter, extrem rutschiger Straßenbelag aus Bitumen, der bei Regen praktisch so glatt ist wie Eis. |
"motorrad, reisen und sport"-Foto:
So sah der geflickte Abschnitt in der langgezogenen Linkskurve bei Trockenheit aus ... | |
... die (wie gesagt trockene!) Fahrbahnoberfläche war dermaßen glatt, daß sich Scheinwerfer darin spiegelten! Der Staatsanwalt nennt dies "Glatzenbildung": es sei KEIN Zeichen für eine rutschige Fahrbahn! |
Man beachte auch die Leidplanken auf der rechten Seite:
Bei den Büschen wurde eine Lücke eingebaut, dafür wurde nach der
Feldwegeinfahrt jener völlig unnötige Abschnitt angefügt, der Joachim zum Verhängnis wurde.
Auch für Autos ist dieser Abschnitt gefährlich, da ein Frontalaufprall sicherlich schwerwiegender ist als ein Ausflug in die dahinterliegende Wiese.
Welches System steckt da hinter der Planung? Wurden da einfach überschüssige Leidplankenstücke nach Gutdünken verbaut?
Vergleich (mit einer 10-Pfennig-Münze) der Oberflächen des Belages innerhalb (links) und außerhalb (rechts) der glatten Spurrillen, in denen die Rollsplitt-Stücke vollständig in den weichen Belag eingesunken sind:
Achims Kollegen vom Nitschke-Verlag sowie Knut Briel, der damalige Chefredakteur von "motorrad, reisen und sport", der in der Grafschaft wohnt und an der Stelle schon zweimal selber ins Rutschen geraten war, haben die Behörden auf den Belag aufmerksam gemacht - die meinten jedoch, daß erst bei drei Toten innerhalb 6 Monaten von einem Unfallschwerpunkt die Rede sein kann, und sahen keinerlei Handlungsbedarf.
Am 24. September 1994 wurden deshalb von den Redakteuren der betroffenen Motorradzeitschriften an der Unfallstelle Warnschilder aufgestellt, und eine Pressekonferenz abgehalten.
Trotzdem verunglückte abends bei nasser Fahrbahn erneut ein Motorradfahrer, Guido Rübhausen, auf diesselbe Art wie Achim tödlich.
Die Polizei ließ darauf amtliche Warnschilder aufstellen.
Wegen den nach der Pressekonferenz kritischen Berichten in den Bonner Zeitungen wurden auch die Straßenbaubehörden aktiv und veranlassten eine Griffigkeitsmessung. Aufgrund der Meßergebnisse wurde das rutschige Teilstück so schnell wie möglich abgefräst - warum eigentlich, wo der Belag doch angeblich in Ordnung war und die Biker wegen Raserei verunglückt sein sollen?
Knut Briel hat, weil auch die Meldungen von einigen anderen Motorradfahrer, die schon Wochen vorher an derselben Stelle in Rutschen geraten waren, aber zum Glück unverletzt blieben, nicht beachtet worden waren, Anzeige wegen fahrlässiger Tötung erstattet.
Das Verfahren zieht sich jetzt schon über 3 Jahre hin, die Ermittlungen wurden schon zweimal mit geradezu grotesken Begründungen eingestellt, und nun, zum dritten Male, wiederaufgenommen.
Erstaunlich: Laut Staatsanwalt wartete der zuständige Mitarbeiter des Straßenbauamtes in der Autoschlange nach Joachims Unfall, hat aber von einem schadhaften Belag nichts gesehen und somit seine Pflicht nicht vernachlässigt, weshalb u.a. die Ermittlungen zum ersten Mal eingestellt wurden.
Noch erstaunlicher: Da die glatten Stellen nun wirklich nicht zu übersehen waren, wurden die Ermittlungen zum zweiten Male mit der Begründung eingestellt, aus der offensichtlichen "Glatzenbildung" könne nicht automatisch geschlossen werden, daß der Belag dort rutschig sei; dies könnten nur Messungen eindeutig belegen.
Ein ziemlich dreistes Beispiel dafür, daß eine beamtete Krähe der anderen kein Auge aushackt und der einzelne Verkehrsteilnehmer mit ganz anderen Mäßstaben gemessen wird als diejenigen, deren berufliche Aufgabe der Erhalt der Verkehrssicherheit ist:
So behauptet der Staatsanwalt einerseits, daß eine Straßenoberfläche, die glatt aussieht, deswegen noch lange nicht glatt sein muß, und die Unterstellung mangelnder Griffigkeit nur durch Messungen bewiesen werden könne, vorverurteilt aber andererseits im gleichen Atemzug den tödlich verunglückten Guido Rübhausen wegen dessen abgefahrenen Hinterreifen, wozu natürlich keine Messung des Reibbeiwertes nötig ist.
Im Lauf der Zeit haben neben den beteiligten Zeitschriftenredaktionen auch ADAC-Motorwelt und MOTORRAD über die Unfälle bzw. die Bitumenproblematik berichtet, und das Institut für Zweiradsicherheit (IfZ) hat infolge der staatsanwaltlichen Bescheide einen Meldebogen entwickelt.
Im Frühjahr 1997 berichteten mehrere TV-Sender über die Unfälle von Achim und Guido, u.a. mit Interviews der Hinterbliebenen.
Allerdings wird nach wie vor Bitumen im Straßenbau verwendet.